Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Auf ein gutes neues Jahr 2021

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Manche sprechen vom Abschied von einem katastrophalen Jahr, andere vom Ende des Tunnels und vergessen dabei, dass der Tunnel wohl erleuchtet ist. Unser Autor kann dem alten Jahr auch Gutes abgewinnen und ob das neue besser wird, kann er auch nicht voraussagen.

Eine Glosse von Carlos Urban

Dieser Beitrag will die Pandemie nicht verharmlosen. Ohne jeden Zweifel ist sie ernst zu nehmen und ich halte die grundsätzliche Vorgehensweise für richtig. Aber es gibt doch positive – zur Erinnerung: Dieser Begriff bedeutet im Allgemeinen etwas Gutes, das kann in diesen Zeiten in Vergessenheit geraten sein – Erkenntnisse, die uns vielleicht in Zukunft prägen.

Der größte Teil der Menschen, denen ich beispielsweise bei Einkäufen begegne, ist deutlich rücksichtsvoller geworden. Ein Drängeln an den Kassen gibt es nicht mehr, die Schlangen werden geduldig ertragen. Aus der anfänglichen Angst vor Ansteckung ist zunehmend Einsicht geworden und am Schluss wird daraus vielleicht eine Selbstverständlichkeit, die bleibt.

Wir können uns nicht treffen, zumindest nur eingeschränkt. Gleichzeitig kommuniziert man mehr und intensiver – über Mails, Telefonate, Briefe, Videokonferenzen. Je geringer die Gelegenheit, umso größer die Intensität, scheint mir. Es ist wie bei guten Freundschaften, die nicht durch häufiges Treffen entstehen und verstärkt werden, sondern durch gemeinsame verbindende Erlebnisse. Die Umstände der Pandemie mit gemeinsamen Sorgen und Freuden sind ein solches Erlebnis.

Wir haben ein ruhiges Weihnachtsfest erlebt, das aber doch den Zauber der “stillen Nacht” haben konnte, ohne den sich anschließenden stressigen Reisemarathon zu den verschiedensten Verwandten, die wir in den Jahren vorher missgelaunt als die “bucklige Verwandtschaft” bezeichnet hatten und die wir in diesem Jahr – schade, schade! – nicht besuchen konnten. Wir haben ein ruhiges Silvester erlebt, ohne Lärm, ohne Gestank, ohne Horden Betrunkener, ohne Dreck am Neujahrsmorgen. Und stellen fest, dass die meisten die neue Erfahrung sehr angenehm finden.

Unsere Arbeitswelt hat sich dramatisch verändert. Viele Menschen haben das Homeoffice kennengelernt. Nicht alle lieben es, aber die Mehrheit gewinnt dieser Arbeitsform große Vorteile ab. Videomeetings haben Einzug in unseren beruflichen und privaten Alltag gehalten und ersparen Millionen von gefahrenen und geflogenen Kilometern mit enormer Zeit- und Ressourcenverschwendung. Und plötzlich stellt sich die Landkarte auf den Kopf: bislang abgehängte Regionen geraten in den Fokus – Internetanbindung und Lebensqualität lösen klassische Infrastrukturparameter wie Nähe zur Autobahn ab.

Wir staunen, wie innovativ unsere Wissenschaft und regelnde Behörden in solchen Zeiten sein können. In Rekordzeit wurden Impfstoffe entwickelt, Medikamente gegen Covid-19-Infektionen sind zu erwarten. Auch die Wirtschaft hat sich durch große Beweglichkeit schnell anpassen können, sodass der befürchtete dramatische Einbruch ausgeblieben ist und Analysten für das neue Jahr einen Aufschwung erwarten.

Das Hamsterrad des Systems ist angehalten, die Menschen konnten ihm entsteigen und sich Zeit zum Nachdenken nehmen. Das macht Hoffnung, denn unsere Gesellschaft hat über viele Dinge nachzudenken; Corona hat viele Themen, die im Grunde viel bedrohlicher für uns und nachfolgende Generationen sind, nur verdrängt. Sie warten an genau dem Ende des Tunnels auf uns, auf den viele sehnsüchtig warten.

Mancher Leser kann sich der erwartungsfreudigen Sicht womöglich nicht anschließen. Ohne Frage ist meine Einschätzung sehr subjektiv. Aber ich bin mit der Meinung alles andere als allein. Seien wir ehrlich: Den meisten von uns geht es unter den gegebenen Umständen relativ gut. Wir kommen zurecht, aber eine Krise öffnet viele Augen.

Ich denke, die Freimaurerei hat auch mit meiner bejahenden Einstellung zu tun – obwohl ich einerseits Misanthrop aus Erfahrung bin und der Menschheit nicht viel zutrauen sollte. Aber ich bin Philanthrop aus Vernunft und Überzeugung und das lässt mich hoffen. Das freimaurerische Ritual ist dabei hilfreich, denn es enthält in seinem oft erlebten “Theaterstück” so schöne Merksätze wie “Verliere nie die Zuversicht” oder “Unbeirrt vom Lärm der Welt geht der Maurer seinen Weg.”

Ich bin gespannt, wie stark die Pandemie die Gesellschaft positiv verändern wird. Die Zäsur durch Corona bringt eine Bereitschaft zu längst überfälligen Fragestellungen und Denkprozessen bei vielen Menschen, die wir für die lauernden Probleme benötigen. Sie gibt aber auch die Hoffnung, dass wir sie gemeinsam bewältigen können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes Jahr mit guten Impulsen, denken und handeln sie Positiv, aber bleiben Sie Negativ.

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