Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Der Freimaurer Alphonse Mucha

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„Omladina“ aus dem „Slawischen Epos“ von Mucha, 1926 © mit freundlicher Genehmigung von „Praga Masonica“

Der tschechische Jugendstilmaler Alphonse Mucha erlangte um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert in Paris weltweite Berühmtheit. Seine Plakate für die Schauspielerin Sarah Bernhardt brachten ihm Anerkennung, ebenso wie später die zahlreichen Aufträge und Arbeiten in dem Stil, der manchmal „Le Style Mucha“ genannt wurde.

Obwohl er im Zentrum der Weltkunst aktiv war, blieb er ein Patriot seines Landes, was er mit seinem Zyklus „Slawisches Epos“ (Slovanská epopej) demonstrierte, der eine Reihe von großformatigen Gemälden mit bedeutenden Ereignissen aus der tschechischen und slawischen Geschichte darstellt. Mucha hatte aber auch eine kosmopolitische Seite, die sich durch seine lebhaften Aktivitäten in der Freimaurerei bemerkbar machte, die er als einen Weg ansah, um universellen Frieden, Brüderlichkeit und Glück zu erreichen.

Mucha wurde am 25. Januar 1898 in die zum Grand Orient de France gehörende Loge „Les Inséparables du Progres“ in Paris aufgenommen. Der Slogan der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ inspirierte ihn; er sah eine Stärke in der Freimaurerei, die auch seinem Land Freiheit bringen konnte, das damals Teil der Habsburger Monarchie war. Während dieser Zeit lebte und arbeitete Mucha im Ausland, hauptsächlich in Paris. Nach seiner Rückkehr in die Heimat gestaltete Mucha 1910 die Bürgermeisterhalle im Prager Gemeindehaus aus, in der auf dem Wandtriptychon neben patriotischer Symbolik auch verborgene Freimaurersymbole zu sehen sind. Auch auf einigen Leinwänden des „Slawischen Epos“ sind Verbindungen zur Freimaurerei zu erkennen.

Mucha war Mitbegründer der ersten tschechisch-sprachigen Loge „Jan Amos Komenský“, die 1918 in Prag von einer Gruppe tschechischer Maurer gegründet wurde, die Mitglieder ausländischer Logen waren. Der Direktor des Nationaltheaters und Rusalka-Opernlibrettist Jaroslav Kvapil war ebenfalls sehr aktiv an der Gründung dieser Loge beteiligt. Mucha war fest davon überzeugt, dass die Freimaurerei das Rückgrat für den Aufbau einer jungen demokratischen und freien Republik sein würde. 1922 wurde Mucha zum Oberbefehlshaber des tschechischen schottischen Ritus gewählt. In den Jahren der Ersten Republik (1918–1938) galt er als höchster Vertreter der tschechoslowakischen Freimaurerei. Von dieser Position aus unterstützte er die Gründung der Nationalgroßloge der Tschechoslowakei im Jahr 1923, der Dachorganisation der dortigen Freimaurerei.

Mucha besuchte oft das Schloss Zbiroh, wo er am „Slawischen Epos“ arbeitete. Von dort hatte er es nicht weit bis Pilsen, wo er die „Dobrovsky“-Loge besuchte und unterstützte. Zum 10-jährigen Bestehen der Tschechoslowakischen Republik (1928) wurde er Mitbegründer der Loge „Pravda vítězí“ (Die Wahrheit siegt) in Prag. Anlässlich seines 70. Geburtstages wurde er zum Ehrenmitglied aller Freimaurerlogen unter der Obödienz der Nationalen Großloge der Tschechoslowakei ernannt. Trotz seines Patriotismus war er auch offen für die deutschsprachigen Freimaurer im Land und entwickelte eine freundschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen. Dank dieser Aktivitäten wurde er 1930 zum Ehrenmitglied der deutschen Großloge „Lessing zu den drei Ringen“ in Prag ernannt. Mucha vertrat die tschechoslowakischen Maurer auch im Ausland. Beispielsweise war er 1926 aktiver Teilnehmer der „Internationalen Freimaurer-Friedenskonferenz“ in Belgrad. Er pflegte auch eine enge persönliche Freundschaft mit J. H. Cowles, dem amerikanischen Großkommandeur des Schottischen Ritus in Washington.

Als Künstler war Mucha auch maßgeblich an der Schaffung verschiedener Artefakte für die tschechoslowakischen Logen beteiligt. Er entwarf zum Beispiel das Design für die Briefpapiere des Schottischen Ritus und der Nationalen Großloge sowie die Grafiken auf der Titelseite der Zeitschrift „Svobodný zednář“ (Der Freimaurer). Muchas Entwürfe von freimaurerischen Bijous wurden weltweit populär. Diese Bijous zeigen seinen unverwechselbaren Stil mit den unverkennbaren Jugendstil-Schwüngen und angenehmen farbigen Nuancen. Die Bijous sind immer flach, aus Bronze und mit farbigem Emaille gefüllt. Er kombinierte nationale und freimaurerische Elemente zu Formen, die die Mission einer bestimmten Loge zum Ausdruck brachten. Sein Gespür für dekorative Effekte drückte sich sowohl in der Darstellung des Schmuckstücks selbst als auch in den ungewöhnlichen Formen aus. Sein erster Entwurf war für die Loge „Jan Amos Komenský“ bestimmt. Das Bijou zeigt das Datum 1918, das Gründungsjahr, und das Jahr 1919, das Weihejahr. Es folgten Bijous für die Logen „Dílo“, „Dobrovský“, „Pravda vítězí“ und „Vyšehrad“ (Vierter Grad des Schottischen Ritus). Die Verzierungen der Schurze für den 4. und 18. Grad zeigen ebenfalls deutlich Muchas Stil, ähnlich wie der Hammer und die Aufbewahrungsbox für das „Buch des heiligen Gesetzes“ und wichtige Dokumente der Loge „Dobrovský“. Er malte ein Bild eines Maurers mit dem Titel „Poslední dílo“ (Letztes Werk) für den Freimaurertempel in der Dittrich-Straße in Prag.

Neben anderen kunsthandwerklichen Arbeiten mit masonischem Hintergrund gerieten Muchas Freimaurer-Gläser fast in Vergessenheit. Sie wurden um 1930 als repräsentatives Geschenk geschaffen. Gleichzeitig sollten die Verkaufserlöse den Bau eines Freimaurerzentrums in Prag finanzieren.

Viele dieser Stücke waren vom 8. Dezember 2018 bis 30. März 2019 erstmals in einer Ausstellung versammelt. Das „Dačického-Haus“ in Kutná Hora, Tschechien, widmete eine Schau dem „Freimaurer Alphonse Mucha“. Den Hintergrund für dieses Projekt gab das einhundertjährige Bestehen der ersten tschechisch-sprachigen Loge „Jan Amos Komenský“ im Jahr 1918, deren Mitbegründer Mucha war. Die meisten der freimaurerischen Ausstellungsstücke stammten ausschließlich aus privaten Quellen, darunter von Mitgliedern der „Praga Masonica Society“, der Großlogen von Tschechien und vom „Mucha Trust“.

Dieser Beitrag ist im Original in englischer Sprache erschienen in: Quatuor Coronati Berichte, Wiener Jahrbuch für historische Freimaurer-Forschung, Nr. 39/2019, Salier, Leipzig, 2019, Klappenbroschur, 448 Seiten, ISBN 978-3-96285-029-6