Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Der freimaurerische Schlossgarten in Schwetzingen

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Ruine eines römischen Wasserkastells 1776/1779 von Nicolas de Pigage und Friedrich Ludwig Sckell
Ruine eines römischen Wasserkastells 1776/1779 von Nicolas de Pigage und Friedrich Ludwig Sckell

Ein Besuch des Schlossgartens in Schwetzingen etwa 10 Kilometer westlich von Heidelberg lohnt sich nicht nur für Freimaurer, doch gerade für sie gibt es noch Geheimnisse zu lüften. Wo befindet sich beispielsweise der Venus-Tempel? Wo ist die in den historischen Unterlagen erwähnte Sternenwarte? Ist unter dem Minerva-Tempel eine Loge?

(Schwetzingen/gg) Der Schlossgarten in Schwetzingen ist voller Anspielungen auf Mystik, Mythologie und Freimaurerei. Die Gestalter des Schlossgartens – u. a. Kurfürst Carl Theodor, Nicolas de Pigage und Friedrich Ludwig Sckell – nutzten hauptsächlich freimaurerische Allegorien und Analogien aus der griechisch-römischen Mythologie, um ihre Intentionen zum Ausdruck zu bringen. Sie sind kaum mehr nachvollziehbar, weil sich das heutige Denken stark von dem Denken aus der Zeit der Entstehung des Schlossgartens im 18. Jahrhundert unterscheidet. Die Inhalte und Aussagen, die im Schlossgarten auf mannigfaltige Weise vermittelt werden, sind aber heute noch genauso aktuell wie sie es damals waren, denn die Fragen des Menschen nach seinem Existenzgrund sind zeitlos.

Vom Dreibrückentor aus kann man alle Bereiche des Gartens (Englischer Garten, Französischer Garten, Kreisparterre und Schloss) erreichen, ohne seinen eigenen Weg jemals zu durchkreuzen. Dass der Garten allen offen stand, vermittelt einen guten Eindruck, wie hoch Kurfürst Carl Theodor seine Untertanen wertschätzte. Ob er damit die Absicht verfolgte, dem Besucher eine Eigeninitiation erlebbar zu machen oder ob er der Auffassung war, dass hermetisch-freimaurerische Inhalte allen Bürgern zugänglich sein sollten (wie der Schlossgarten selbst) oder ob er mit dem Schlossgarten mythologisches Interesse in den Besuchern wecken wollte, wird wahrscheinlich im Dunkeln der Geschichte bleiben. Der Garten ermöglicht es einem Eingeweihten sowie einem Laien in ihm zu lesen.

Der Schwetzinger Schlossgarten wurde Ende des 18. Jahrhunderts (von ca. 1752 bis 1796) erbaut. Zur Zeit von Kurfürst Carl Theodor gab es in Deutschland viele freimaurerische Systeme. Der Kurfürst könnte einige freimaurerische Systeme gekannt und davon bestimmte Inhalte im Schlossgarten verewigt haben.

Die Gartenanlage lässt sich in drei Abschnitte unterteilen: 1. Der Englische Garten im Westen ist der Natur nachgeahmt und das Element Wasser überwiegt (Schwarzes Meerle, Großer Weiher, Moscheeweiher usw.). Der Englische Garten kann für die Herrschaft der Natur über den Menschen stehen. 2. der Französische Garten ist von einer geraden Linienführung sowie von rechten Winkeln durchzogen. Er kann für die Herrschaft der Kunst über die Natur stehen. Die Natur wird zum Kunstobjekt. Das Element Feuer spielt im mittleren Bereich des Gartens eine große Rolle; allein durch die fehlende Dominanz des Wassers im Vergleich zum Englischen Garten. 3. Der Französische Garten im Osten wird vom Kreisparterre mit dem Arionbrunnen in der Mitte beherrscht. Der ganze Bereich ist flach angelegt, so dass der Wind freies Spiel hat. Das Kreisparterre ist durch nördliche und südliche Zirkelgebäude im Osten und durch die beiden Laubengänge (berceaux en treillage) im Westen umrandet. Dabei ist es wichtig, dass es sich im Westen um Laubengänge, d.h. um durchschreitbare Abgrenzungen handelt, und nicht um Gebäude oder steinerne Mauern, wie im östlichen Bereich des Kreisparterres. Insbesondere soll damit die Verbindung zu den Bereichen im Norden wo Galatea-Brunnen und Pan-Statue sowie im Süden wo Minerva-Tempel und lykischer Apollon stehen deutlich gemacht werden.

Der »Dänische Freimaurerorden« wurde 1743 in Kopenhagen (übernahm aber erst ab 1855 das Schwedische System) und die »Große Landesloge von Schweden« wurde 1760 in Stockholm gegründet. Österreich war der »Großen Landesloge« als Provinz angeschlossen bis sich in Wien 1784 die »Große Landesloge von Österreich« gründete. Die Verbindung von Carl Theodor nach Österreich ist nicht nur durch Wolfgang Amadeus Mozart und seinen Vater bezeugt. Der siebenjährige Mozart besuchte zwischen dem 15. und 29. Juli 1763 mit seiner Schwester und seinem Vater im Rahmen einer Konzertreise den kurpfälzischen Hof. Auch Christoph Willibald Gluck, einer der bedeutendsten Opernkomponisten der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ist ein wichtiger Vermittler der 1774 als Komponist nach Schwetzingen übersiedelte. Er inszenierte die Oper »La contesa de‘ numi« (von Pietro Metastasio) am 9. April 1749 für den Königshof in Kopenhagen, was als eine mögliche Verbindung nach Skandinavien verstanden werden kann. Denn auch wenn sich die Königshäuser Schwedens und Dänemarks zu der Zeit nicht über den Weg trauten, so hielten sie nichtsdestotrotz formelle und diplomatische Gepflogenheiten ein. Das führt wiederum zu den »Eckleffschen Akten«.

Durch die »Eckleffschen Akten« von ca. 1756, der Grundlage der heute noch existierender Freimaurerorden in Deutschland und Skandinavien, können Anordnungen aber auch bauliche Veränderungen im Schwetzinger Schlossgarten nachvollzogen werden. Die »Eckleffschen Akten« weisen nicht nur durch ihre inhaltliche Gestaltung bereits auf ein fundiertes mystisches und hermetisches Wissen hin. Die Gestaltung des Schlossgartens entspricht an vielerlei Stellen den freimaurerischen Inhalten der schwedischen Lehrart. Was zu der Annahme führt, dass Carl Theodor einen direkten Kontakt zum schwedischen Hof des Freimaurers und späteren Königs von Schweden – Karl XIII. – und seinem Vorgänger und Bruder Gustav III. (auch Freimaurer) gehabt zu haben scheint. Zudem treffen an besonderen Stellen verschiedene Richtungen der Freimaurerei zusammen und ermöglichen dadurch mehrere Deutungsebenen, was auch für Nicht-Freimaurer sehr interessant ist.

Ein Besuch des Schlossgartens in Schwetzingen, der etwa 15 Kilometer südöstlich von Mannheim und 10 Kilometer westlich von Heidelberg liegt, lohnt sich besonders als Freimaurer aber nicht nur. Es gibt noch einige Rätsel zu lösen, wie z.B.: Wo befindet sich der fehlende Venus-Tempel? Wo ist die in den historischen Unterlagen erwähnte Sternenwarte? Ist unter dem Minerva-Tempel eine Loge? Wie ist der Garten im Sinne seiner Erbauer zu begehen? Welche Strömungen der Freimaurerei finden sich darin verewigt?