Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Der schleichende Ausschluss

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© Csaba Nagy / Pixabay

Die Begegnung mit den Brüdern der eigenen Loge ist für den einzelnen Maurer ein zentrales Element der Königlichen Kunst. Nicht minder bedeutsam jedoch sollte der Besuch anderer Logen sein – und die diesbezüglichen Möglichkeiten sind überaus vielfältig.

Kaum eine Woche vergeht, in der unser tapferer Sekretär uns nicht mindestens eine Einladung anderer Logen zukommen lässt. Stiftungsfeste, Johannisfeste, Aufnahmen und in letzter Zeit erfreulicherweise auch immer mehr Lichteinbringungen – es gibt viele Möglichkeiten, Brüdern anderer Logen in ganz Deutschland und zunehmend sogar dem europäischen Ausland zu begegnen.

Die brüderliche Begegnung als ein zentrales Element

In den meisten Fällen ist vom besuchenden Bruder für die Teilnahme an der Veranstaltung ein Kostenbeitrag zu leisten. Natürlich soll, wer isst und trinkt, dafür bezahlen. Doch hier beginnen bereits die Probleme. Genügt es denn nicht, den Ort der Begegnung nach guten Gesprächen satt und ohne Durst gen Heimat zu verlassen? Natürlich: Für eine Tafel-Loge gelten besondere Regeln. Sie muss aus Vorspeise, Hauptspeise und Dessert bestehen. Aber muss ein solches Drei-Gänge-Menü 20 oder 30 Euro kosten? Gilt nicht auch hier, dass wir uns durch Mäßigung auszeichnen sollen? Reicht denn nicht ein einfaches Menü, für das ein deutlich geringerer Beitrag zu entrichten ist?

20 oder 30 Euro für die Teilnahme an einer Tafel-Loge?

Bei einem Brudermahl empfinde ich die Problematik noch deutlich stärker. Für eine rustikale Brotzeit mit Brot, Brötchen, Wurst und Käse 15 oder 20 Euro zu verlangen, ist schlicht unangemessen. Unsere Brüder in Mülheim an der Ruhr richten im Sommer immer eine „Sommerloge“ aus. Nach einem einmaligen „Ausrutscher“ werden wir in diesem Jahr wieder zum Ursprung zurückkehren. Die teilnehmenden Brüder haben dann für ein rustikales Brudermahl mit Getränken insgesamt 5 Euro zu entrichten. Dieser Betrag ist gerade so kostendeckend – mehr nicht. Mehr ist ja aber auch überhaupt nicht notwendig. Niemals darf der Eindruck entstehen, dass eine Loge den Kostenbeitrag für eine Veranstaltung bewusst auch nur ein wenig höher ansetzt, um vielleicht noch ein paar Euro Gewinn von den besuchenden Brüdern übrigzubehalten.

Besuchende Brüder, um Gewinn zu erwirtschaften?

Selbstverständlich kann es vorkommen, dass für Veranstaltungen Räume angemietet werden müssen. Und auch hier scheint es logisch, dass der besuchende Bruder sich an den entstehenden Kosten beteiligt. Aber darf es sein, dass für eine Tempelarbeit – den rituellen Nukleus unserer Gemeinschaft und unser höchstes Gut – Eintritt entrichtet werden muss, um teilhaben zu dürfen? Die Antwort kann nur „Nein!“ lauten. So sehr es mich auch schmerzt, so legitim ist es wohl, dass ein Bruder, der den Kostenbeitrag für ein Brudermahl nicht entrichten kann, sich unmittelbar nach der Tempelarbeit von den Brüdern verabschiedet. Aber darf es auch nur einen einzigen Bruder geben, der einer Tempelarbeit fernbleibt, weil die Veranstaltungen zu Gesamt-Paketen geschnürt werden? Weil plötzlich nicht mehr die Rede davon ist, dass es im Anschluss an die Arbeit ein Brudermahl oder eine Tafel-Loge zu einem bestimmten Betrag geben wird, sondern dass vielmehr ein Gesamtbetrag für die Veranstaltung entrichtet werden muss und Tempelarbeit und Essen nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden? Nein! Das darf nicht sein – und vor allem muss es ja auch gar nicht sein. Im Zweifelsfall sollen die solventen Brüder, die am Essen teilnehmen, über diesen Beitrag auch die Kosten für die Raummiete mittragen.

Alles oder nichts?

Natürlich herrscht in vielen Logen Konsens, dass man einem in Not geratenen Bruder in einem solchen Fall helfen würde – aber wer wird sich im Fall der Fälle tatsächlich den Brüdern offenbaren und deren Hilfe annehmen wollen? Hört in Euch selbst hinein. Die Antwort fällt leicht.

Für Tafel-Loge oder Brudermahl bezahlen zu müssen, ist absolut legitim, aber das Ziel sollte es sein, den Fokus nicht auf das Mahl zu legen. Vielmehr sollte es das Ziel sein, dass so viele Brüder wie möglich daran teilnehmen können. Wer nobel speisen möchte, der hat in der profanen Welt mehr als genug Gelegenheit dazu und wird dadurch niemanden faktisch aus einer Jahrhunderte alten Gemeinschaft ausschließen. Die Teilnahme an der TA muss in jedem Fall frei bleiben. Niemals darf sich ein Bruder die Teilnahme an unserem Ritual nicht leisten können.

Ich sehe die Gefahr, dass unsere Bruderschaft durch diesen Prozess schleichend entzweit und in zwei Klassen geteilt wird. Dazu darf es nicht kommen.

Der Beitrag entstammt der Zeitschrift “HUMANITÄT — Das Deutsche Freimaurermagazin”, Ausgabe 6-2018.