Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Die Sprache der Symbole

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Foto: © Elena Schweitzer / Adobe Stock

Symbole sind Werkzeuge der Erkenntnis. Wir Freimaurer bedienen uns ihrer in besonders intensiver Weise. Dieser Vortrag wurde gehalten auf einem Neujahrsempfang.

Von Br. B. D.

Das Prinzip von Symbolen ist sehr alt. Es entstammt dem altgriechischen Begriff “sýmbolon”. Mögliche Übersetzungen sind: Erkennungszeichen, Merkmal oder Emblem. Die üblichste ist Sinnbild. Ursprünglich stellten zwei entfernte Freunde, Verwandte oder Vertragspartner mit dem sýmbolon sicher, dass sie einander oder jeweils Vertreter der anderen Partei wiedererkannten. Dazu wurde ein Knochen oder ein Tongegenstand in zwei Teile zerbrochen, wobei jeder ein Bruchstück erhielt. Bei Bedarf der Prüfung wurden die Teile zusammengefügt und die Passgenauigkeit sorgte für Legitimation. Ein Symbol ist heute ein Gegenstand oder ein Bild, dessen Einwirkung auf die Sinne mehr auslöst als seine unmittelbare Bedeutung. In diesem Gegenstand oder Bild ist eine tiefere Bedeutung hinterlegt, als es vordergründig erscheint. Oft ein ganzer Komplex. Somit sagt ein Symbol mehr aus als eine erfassbare Menge Worte es könnten. Eine weiße Taube ist beispielsweise biologisch nichts als ein Vogel. Als Symbol bedeutet sie jedoch Frieden und ist somit über ihre ursprüngliche Bedeutung als Vogel weit hinausgewachsen.

Symbole dienen dazu, Gedanken vermittelbar zu machen, ohne dogmatisch zu werden. Das heißt, dass jeder, der die Symbole liest, assoziieren muss. Wenn wir bei dem Beispiel der Taube und dem Frieden bleiben, was z.B. Frieden für ihn bedeutet und wie dieser sich für ihn darstellt. Hier holt die Sprache der Symbole die Individualität des Menschen ab. Mithilfe von Symbolen können komplizierte Zusammenhänge kompakt dargestellt werden. Die inhaltliche Ausgestaltung eines Symbols ruft Zusammenhänge mit anderen Bedeutungen hervor. Deshalb variiert sein Inhalt, zum Teil sogar deutlich. Symbole haben für den Betrachter oft eine sehr persönliche Bedeutung. Symbole übersteigen die rationale Ebene und wirken auf das Unterbewusste. Sie haften deshalb besser und ankern tiefer als die Alltagssprache. Das Spiel mit der Sprache der Symbole ist vital. Prinzipiell kann jedes Objekt zu einem Symbol werden. Ein Symbol kann auch ein körperlich gegebenes Zeichen (Gesten), eine Handlung oder ein sprachlicher Ausdruck sein.

Symbole überwinden das Analphabetentum und können überall auf diesem Planeten verstanden werden. Manche Symbole werden als Ursymbole betrachtet, da sie bei nahezu allen Völkern vorkommen und zu fast allen Zeiten vorkamen. Etwa Kreis, Dreieck, Kreuz oder Schlange und weitere Archetypen. In den Ursymbolen offenbart sich nach dem Psychologen Carl Gustav Jung das kollektive Unbewusste. Auch Zahlen wie die Drei, die Vier, die Sieben oder die Zwölf wurden und werden symbolisch oft in diesem Sinne verwandt. Nehmen wir beispielsweise die Zahl Sieben. Sie steht symbolisch für die Vollendung. Deshalb wird sie in der Apokalypse des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, in der das Ende der Welt beschrieben wird, auch 54-mal genannt.

In der profanen Welt werden Symbole fast überall als Mittel der Identifikation gebraucht. Dazu gehören Flaggen, Hymnen, Zeichen, usw. Denken wir nur an die Hemden und Fahnen der Fußballfans. Sie sind deutlich mehr für die Fans, als Stoff oder Kleidung mit farbigem Aufdruck. Hier wird durch Symbole Zugehörigkeit hergestellt. In diesem Sinne spielen Symbole eine identitätsstiftende Rolle, die überaus ernsthaft werden kann. Ebenso bedeutungsvoll und gewichtig sind die Symbole in der religiösen Welt. Die Freimaurerei wird auch als symbolischer Bund bezeichnet, womit auf ihre besondere Bedeutung der Symbole verwiesen wird. Freimaurerei spürt keine letztgültigen Wahrheiten auf, sondern motiviert zu eigenem Streben. Sie wirkt auf die eigene, ganz persönliche Entwicklung. Dazu legt Freimaurerei ihren Brüdern nicht nur einzelne Symbole vor, sondern ein ganzes Symbolgebäude. Viele der einzelnen Symbole entstammen dem mittelalterlichen Bauhandwerk. Andere stehen im direkten Zusammenhang mit der Philosophie der Freimaurer. Einige sind sprachlich, weil sie als Metaphern angewandt werden. Zum Beispiel repräsentiert der raue Stein in seiner Unvollkommenheit den unfertigen Menschen, mit allen seinen individuellen Ecken und Kanten, Lastern und Fehlern, Strukturen und Eigenheiten. Ein Gebäude aus rauen Steinen zu errichten wäre unmöglich. Ziel der Freimaurerei ist aus rauen Steinen kubische Steine entstehen zu lassen. Jeder Freimaurer arbeitet an seinem rauen Stein, nicht an dem des anderen.

Hierdurch werden die Kanten der Unvollkommenheit abgetragen und der Stein wird nutzbar zur Errichtung eines großen Baus. Diesen nennen Freimaurer den Salomonischen Tempel, den Menschheitstempel, der die Menschen in moralischer Gleichwertigkeit und ethischer Übereinstimmung in gemeinsamen Arbeiten an diesem Ziel vereinigen soll. Der Salomonische Tempel ist das Lehrbild, das alle anderen Symbole aus sich entwickeln lässt, um sie wieder in eine Einheit zusammenzufassen. Der Tempel ist ein Vexierbild. Er hat mehrere Perspektiven. So erscheint er als Tempel des eigenen Innern, der durch Arbeit an sich selbst zu schaffen und auszugestalten ist, ebenso auch als das Sinnbild der Menschheit, für die der Tempel geschaffen werden soll. Den geographischen Mittelpunkt der freimaurerischen Rituale bildet der Arbeitsteppich. Er zeigt den Salomonischen Tempel und ist Träger weiterer Symbole. Der Teppich dient als Lehrtafel für die unterschiedlichen Erkenntnisstufen. Für die Symbolinhalte gibt es keine Dogmen und absoluten Aussagen, sondern nur unterschiedliche praktikable Erklärungen. Da sich Erkenntnisprozesse immer individuell vollziehen erschließt sich jeder die Symbole auf seine eigene Weise. Auch deren Deutung muss jeder Freimaurer selbst ausgestalten. Ebenso das Verhältnis der Symbole zueinander und ihre Interaktion miteinander muss jeder selbst erkennen. Was die Symbole in der Verflechtung im Ritual dem Freimaurer sagen und wie sie emotional auf ihn wirken kann nur angedeutet, aber nicht formell komplett mitgeteilt werden. Die Wirkung ist individuell in geistiger Wahrnehmung und emotionaler Intensität.

Symbolbedeutungen können durch Vorträge und Gespräche in der Gemeinschaft der Brüder ergänzt und weiterbearbeitet werden. Durch diese geistige Arbeit lernt der Freimaurer die neue und universelle Sprache der Symbole zu lesen. Sie ist keine Sprache im linguistischen Sinne, sondern eine Methode, die neue Erkenntnisfelder erschließen kann. Diese Sprache der Symbolik ist assoziativ und expansiv. Der Maurer lernt dadurch nicht mehr in der Wiederholung seiner bekannten Gedanken zu verharren, sondern offener zu denken. Sich neue Sichtweisen zu erschließen und sie mit weiteren Inhalten in Verbindung zu setzen. Seine Gedanken fließen dadurch freier und weiter als zuvor. Bekanntlich ist der Kopf rund, damit das denken die Richtung wechseln kann. So entsteht ein dynamisch fortschreitender Erkenntnisprozess. Dieser geht nach innen wie nach außen. Nach innen, indem er die eigenen geistigen Fähigkeiten ausbaut. Nach außen, indem er die Toleranz für andere Vorstellungen, Assoziationen, Ideen, Gedanken somit andere Menschen stärkt. Dieser Prozess stellt die besondere Art des Erkenntnisgewinns dar und macht einen Reiz in der Freimaurerei aus. Symbole können in unterschiedlicher Wirkungsweise eingesetzt werden. Indem sie Abstraktes in Gegenständliches überführen, klären sie auf. Sie können aber auch verhüllen, wenn sie nur einem kleinen Kreis von Wissenden zugänglich gemacht werden. Die Sprache der Symbole wird besonders innerhalb der Rituale der Freimaurer genutzt. Alle Lehren der Freimaurerei sind in drei Graden enthalten: Lehrling, Geselle, Meister. In jeden Grad erfolgt die rituelle Initiation. Immer findet sie auf geistiger wie emotionaler Ebene statt.

Der Leitsatz des Lehrlingsgrades lautet: Schau in dich. Der Leitsatz des Gesellen lautet: Schau um dich. Der Leitsatz des Meisters lautet: Schau über dich. Die Lehren vermitteln dabei niemals letzte Wahrheiten, sondern setzen den Bruder auf den Pfad der Erkenntnis. Ein Leitsatz der Freimaurerei lautet „Erkenne dich selbst!“. Nur wer Selbsterkenntnis erlangt hat, versteht das Menschsein in einem größeren Zusammenhang. Die Grade bauen didaktisch aufeinander auf und führen zu einem Geheimnis, das nur innerlich zu finden ist. In jedem Grad gibt es Symbole, Metaphern und Handlungen, die dem Arkanum, der Verschwiegenheit, unterliegen. Sie fassen ganze gedankliche Komplexe in sonst unerreichter bildlicher Kürze zusammen (s. z.B. der vollendete Meistergriff oder die Akazie). Diese Symbole dürfen Uneingeweihten nicht mitgeteilt werden, weil sie diese auch nicht verstehen könnten. Die Unaussprechbarkeit symbolischer Inhalte und die damit verbundene Erkenntnis gehören zum freimaurerischen Geheimnis. Sie verdeutlichen dabei, was das Innere versteht aber nicht ausreichend durch Worte ausgedrückt werden kann. Die Freimaurerei hat Geheimnisse. Sie sind nur für den Initiierten zugänglich. Jeder Freimaurer ist ein Geheimnisträger und es gilt das Gebot des Schweigens. Dabei ist das freimaurerische Geheimnis schon mehrfach verraten worden und dabei nicht ein einziges Mal erfolgreich. Es besteht aus den inneren Erfahrungen, die der Freimaurer während eines Rituals subjektiv erlebt, aber nicht objektiv wiedergeben kann. Der Psychologe Carl Gustav Jung drückte es so aus: „Die wirklichen Geheimnisse kann man gar nicht verraten.“ Somit ist es ein Mysterium. Dies ist ein großes Geschenk und immer individuell. Es eint uns als seine Träger und verpflichtet uns zur Verschwiegenheit. Symbole sind dynamisch und sprechen dort, wo die Sprache versagt. Sie sind Werkzeuge der Erkenntnis und gehören zum freimaurerischen Geheimnis.

Kommentare stellen die Meinung des Verfassers dar, nicht zwingend die der Großloge oder der Mehrheit der Bruderschaft. Sie sollen die Vielfalt der Anschauungen in der humanitären Freimaurerei darstellen.

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