Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Loge Avantgarde veranstaltet Kammerspiel von Jens Oberheide

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Von links: Eberhard Panne, Jens Oberheide, Marek Kalbus

Die Berliner Loge Avantgarde veranstaltete am 18. Juni die fiktive Schachplaudereien zwischen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing.

(Berlin/cs) Die gleichaltrigen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing, beide Jahrgang 1729, haben sich 1754 beim Schachspielen kennengelernt. Sie waren verwandte Seelen, haben ihre idealistischen und aufklärerischen Gedanken ebenso miteinander ausgetauscht, wie ihre menschlichen Befindlichkeiten und die Sorgen, Nöte und Freuden des Alltags. Sie blieben ein Leben lang eng befreundet.

Das Zwei-Personen-Stück von Jens Oberheide „Mein lieber Moses….“ führt Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing zum fiktiven Gedankenaustausch beim Schach zusammen, so, wie das wohl im Laufe der Jahre häufig geschah. Sie spielten und redeten miteinander. Sie plauderten über alles, was sie bewegte. Über das Spielen und Dichten, über das Trinken, über das Menschlich-Allzumenschliche. Über Gott und die Welt, über Philosophie, Wissenschaft und Gesellschaft, über Freimaurerei und die Kunst, recht zu leben. Das ist mal „so dahingeredet“, mal fröhlich und satirisch und mal mit ernsthaftem Tiefgang.

Der Autor Jens Oberheide versucht, diese Plauderei aufzunehmen und auf die Bühne zu bringen. Herausgekommen ist ein ausgedachtes Gespräch am Schachtisch. Natürlich ist nicht verbrieft, was Mendelssohn und Lessing wirklich geredet haben, aber so könnte es gewesen sein. In den Mund gelegt wurden ihnen (fast) durchgehend Originalzitate, die freilich nicht immer im direkten Dialog entstanden, vielmehr aus anderen Zusammenhängen in neue zu denken sind. Der Sprachduktus wurde dem heutigen Verständnis angeglichen, ohne die Aussagen als solche zu verändern. Hier und da erschien es sinnvoll, Satzstellungen im Sinne des Plaudertons zu verkürzen und mit neuen Füllwörtern zu versehen.
Die Textquellen stammen aus Briefen, aus Schilderungen Dritter, aus Aufsätzen und Abhandlungen, Anekdoten und Aphorismen, aus Dramen und Fabeln, sowie aus Poesie und Prosa der Beiden. Vor wissenschaftlichem Hintergrund wären es insgesamt Zitate aus 138 Textquellen gewesen. Die feuilletonistische („theatralische“) Absicht nimmt sich jedoch die Freiheit, ohne Fußnoten und Einzelnachweis auszukommen.

Die starken Unterschiede im Aussehen, in der Artikulation, in der Herkunft und im Wesen haben beide Protagonisten durch menschliche und geistige Verwandtschaft auf Augenhöhe kompensiert. Die Gedanken der Beiden sind zeitlos. Es gibt auch nach 250 Jahren immer noch keine Antwort auf die vielen Fragen, die sie aufgeworfen haben. Darum sind Nichtbeantwortung und bleibende Offenheit beabsichtigter Teil der Dramaturgie – auch über den Schluss des Kammerspiels hinaus. Eines der Ziele war es, dass das Publikum die Gedanken im anschließenden Empfang untereinander bespricht und mit nach Hause nimmt und weiterdenkt. Die Musikbegleitung diente dabei (vorher, hinterher und zwischen einzelnen Sequenzen) als quasi „Gedankenbrücke“. Dieser Inspiration folgten eine Vielzahl der Teilnehmer und brachten ihre Lust auf weitere Veranstaltungen dieser Art zum Ausdruck.

Die Berliner Loge Avantgarde, die den Bezug zu Kunst und Kultur seit ihrer Gründung im Jahre 1996 beibehalten hat, veranstaltete diese szenische Lesung mit freundlicher Unterstützung von Pegasus e.V., dem freimaurerischen Verein für Kunst und Kultur, im Goethe-Saal des Logenhauses Berlin vor rd. 80 Zuschauern. Moses Mendelssohn wurde dargestellt vom Autor Jens Oberheide selbst, Gotthold Ephraim Lessing wurde gespielt durch den Opernsänger Marek Kalbus. Musikalisch begleitet wurden die Protagonisten von Eberhard Panne.