Aufbruch in die Zukunft der Freimaurerei

Ein Beitrag von Online-Redakteur Br. Jürgen Herda
Essen. Brüderliches Treiben bereits beim Betreten des Foyers des Congress-Hotels Atlantic in Essen. Peu à peu trudeln rund 200 Freimaurer, teils in Begleitung, aus der ganzen Republik ein. Statt schwarzer Anzüge überwiegend casual. Das Großlogentreffen kündigt sich dem Novizen nur dezent an. Ein Feature zum Nacherleben.
An der Kaffeebar servieren Barista-kundige Barkeeper Espressi, Cappuccini und erste Bierchen. Rollkoffer werden durch die Lobby zu den Aufzügen geschoben, unterbrochen von brüderlichen Umarmungen. Immer noch treffen Lehrlinge, Gesellen und Meister der Logen der Alten Freien und Anerkannten Mauerer von Deutschland (AFuAMvD) ein, denen der Vorvatertagsverkehr durch die Ballungsräume einen Strich durch die Zeitrechnung machte.
Brüder aus Aachen, Berlin, Hamburg, Leipzig, München, Nürnberg, Saarbrücken, Stuttgart und Zweibrücken. Schließlich schreitet auch Großmeister Stefan Kunnert durch die große Eingangshalle. Langsam versammeln sich erste Grüppchen vor dem Hoteleingang. Warten auf den Shuttlebus zu Schloss Schellenberg, wo die Brüder der Loge „Schiller“ Nr. 649 i. Or. Essen ihre siebenmonatige Vorbereitung auf diesen Tag nun abgeschlossen haben und ihre ca. 160 Gäste erwarten.
Reise zum Schloss Schellenberg
Ein strammer Regenguss drängt die Wartenden unter das Vordach des modernen Hotelbaus gegenüber der Essener Messe. Gegen 18 Uhr wagen sich die Ersten aus der Deckung und eilen mit oder ohne Schirm zum offenen Bus mit „Sonderfahrt“ im Display. Angeregtes Geschnatter kreuz und quer über alle Sitzreihen. Die knapp vier Kilometer lange Fahrt durch Essener Stadtviertel bis Rellinghausen dauert etwas länger als erwartet: „Hoffentlich sitzen wir im richtigen Bus …“.
Das schmucke Gemäuer, im Kern aus dem 14. Jahrhundert, mit dem hochgewachsenen, neogotischen Torhaus über der Ruhr, eingerahmt von dichtem Buchenwaldgrün demonstriert plakativ die Transformation des Potts zum grünen Ruhrgebiet. Eine große Tafel zeigt die Mieter der heute im Besitz von Freifrau Spies von Büllesheim, Erbin der Freiherren von Vittinghoff genannt Schell zu Schellenberg, befindlichen ehemaligen, zweiteiligen Wasserburg: darunter die Johannis Freimaurer Loge Schiller.
Höchste Zeit für ein NRW-Revival
Das Ruhrwetter meint es gut mit den Besuchern und gönnt uns Postkartenidylle mit blauem Abendhimmel und leuchtenden Blüten in den Baumkronen vor romantisierenden Anbauten mit einem rustikalen, leider geschlossenen Biergarten. Macht nichts. Der Geruch von Grillgut zieht uns hinan durch den lang gestreckten äußeren Wirtschaftshof aus dem 19. Jahrhundert, einmal ums Eck, wo bereits zahlreiche Brüder an Biertischen plaudern und emsige Schiller-Brüder Getränke verteilen und Fragen beantworten.
Im dreigeschossigen Steinhaus aus Bruchstein, eines der ältesten Teile des Komplexes aus dem 14. Jahrhundert, füllt sich im Erdgeschoss der prächtige Rittersaal mit seiner aufwändigen Stuckausstattung und einem Deckengemälde der Flora. Distriktmeister Karl-Heinz Reuschenbach begrüßt die Gäste im unüberhörbar rheinischen Akzent: „Als noch amtierender Distriktmeister freut es mich besonders, dass ihr Essen gewählt habt – das letzte Treffen in NRW war 2011 in Wuppertal.“
Wo Brüder zu Kumpeln werden
DM Reuschenbach gibt sich alle Mühe, den Gästen den bisweilen rauen Charme der inzwischen erblühten Industrieregion näherzubringen. Die Spuren des Bergbaus bemerke der Tourist gerade noch an den Bodenwellen der untergrabenen Autobahn und natürlich bei der Besichtigung von Industriedenkmälern wie dem UNESCO-Welterbe „Zeche Zollverein“. Doch heute dominiere Grün und offenes Parkland. Auch wenn er als Düsseldorfer von den Ruhrgebietsbrüdern erst einmal nur geduldet worden sei, bemerkt er mit Schalk im Nacken, fühle er sich hier längst zu Hause.
Heimisch im am dichtesten besiedelten Bundesland, das schon allein deshalb gerne öfter die Gastgeberrolle übernehmen würde: „In Bayern sind es 185 Einwohner pro Quadratkilometer, hier 533!“ Wo’s eng wird, wird’s auch mal lauter, immer aber herzlich. „Wo Brüder zu Kumpeln werden“, prognostiziert Br. Reuschenbach, „das nenne ich gelebte Brüderlichkeit.“ Musikalisch untermauert das gemeinschaftlich geschmetterte Steigerlied „Glück auf“ die innige Kumpanei, dem der italoperuanische Tenor Saverio das nötige Volumen verleiht.
Bierbank-Philosophie
Im improvisierten Biervorgarten sitzen Brüder und Schwestern dicht gedrängt auf Bierbänken, mit Bergen von Bergmanns-Schaschlik, Kartoffeln, Kraut und Würstchen vor sich. Eine wohl temperierte Geräuschkulisse angeregter Tischgespräche, umhüllt vom würzigen Rauch aus der ewigen Glut der Holzkohlengrills. Dazwischen jongliert Thomas Holla, Meister vom Stuhl der Loge „Schiller“, als perfekter Gastgeber die Wünsche seiner Gäste, hat für jeden Besucher ein paar nette Worte parat.
An unserem Tisch philosophieren die Brüder Christian aus Gießen und Wulf-Henrik aus Stuttgart über KI-generiertes Coaching und den richtigen Ansatz für Unternehmensberater. Helle Gespräche über Ritualmusik, Tempelarbeiten und die Frage, ob in Zukunft vermehrt digitale Formate Einzug halten sollen, werden lediglich von Brüdern mit prall gefüllten Tellern unterbrochen, die sich auch ohne Passwort auf die Bank drücken dürfen. Der Gesprächsfaden reißt auch bei der Rückfahrt stehend und etwas wankend im Bus und anschließend an der Hotelbar oder zwischen den Rauchschwaden dicker Zigarren im Rauchersalon nicht ab.
Die Zukunftswerkstatt mit Messekonzept
Am nächsten Morgen wandelt sich das Congress-Hotel Atlantik in eine „Zukunftswerkstatt“ mit Messetouch. Das Forum im großen Sitzungssaal, gegenüber die Themenräume. Dazwischen lange Tische mit Häppchen, Obst und Getränken, an den Stirnseiten zwei Espresso-Maschinen und eine bunte Candy-Wand mit Süßigkeiten wie aus Kiosken der Kindheit: Lakritz-Schnecken, Fruchtgummis, Bonbons. Großredner Wolfgang Böhm blickt im Saal auf die langen, bereits für die Tempelarbeit arrangierten Sitzreihen der Brüder im Norden und der im Süden gegenüber: „Wir haben ein eng getaktetes Zeitbudget. Nach den Keynotes im Forum sind die Referenten auch in den Themenräumen präsent, da kann diskutiert werden. Wir hoffen, dass ihr viele Impulse mitnehmt, um die Zukunft zu gestalten.“ Br. Böhm klärt auf: „In den Themenräumen kann wie bei einem Messekonzept gefloatet werden. Wenn das Interesse gedeckt ist, kann man wechseln. Es wird Bewegung drin sein.“
Eröffnung: „Vertrauen schenken, Offenheit leben“
Um 9 Uhr bittet Großmeister Stefan Kunnert zum Forum. Kein steifes Zeremoniell, ein freundliches Willkommen: „Vertrauen schenken, Offenheit leben, gemeinsam wachsen.“ Br. Kunnert lobt die gastgebende Loge „Schiller“ für ihre minutiöse Vorbereitung. „Wir haben bei der Themenwahl zukunftsweisende Ideen vorgesehen.“
Mit Best Practice-Beispielen aus den Logen, wie das Logenleben noch abwechslungsreicher, die Öffentlichkeitsarbeit noch zielgerichteter werde. Ein Forum der Ideen, in einem vertrauensvollen Raum des Austausches, mit einer Vielfalt an Ideen als Nährboden für Kreativität, ein synergetisches Umfeld für effektive Problemlösung: „Es gibt euren Initiativen eine Bühne, um euch inspirieren zu lassen.“
Impulsreferat: Die Inspiration der „zehn Influencer“
Dr. Michael Schmidt-Salomon, kecke Existenzialisten-Mütze über grauem Haarschopf mit Zopf, tritt ans Rednerpult. Die Projektion seiner „10 Influencer humanistischen Denkens“ auf der großen Leinwand illustrieren seinen Vortragstitel „Die Evolution des Denkens. Das moderne Weltbild und wem wir es verdanken.“ Sicher, Epikur, Darwin, Einstein, Marie Curie, Marx und Nietzsche, Ikonen der Geistesgeschichte, erkennen alle auf Anhieb. Andere Pioniere sind weniger vertraut. Die Erwartungen der Zuhörer kreisen um die Frage: Was können sie uns heute noch Neues sagen?
Schmidt-Salomon beschreibt das Gegenwarts-Setting: „Wir leben in einer komplexen Welt, in der man leicht den Überblick verliert.“ Schon 2012 habe die Menge an Datenaustausch 26,7 Milliarden Gigabyte erreicht. „Wie sollen wir da Fakten von Fake News unterscheiden?“ Ein herausfordernder Blick ins Publikum. „Ich habe zehn klassische ‚Influencer‘ zwischen Antike und Moderne versammelt, von denen ich mir mehr Einfluss wünschen würde als von Ronaldo, Trump oder Bibis Beauty-Palace.“
Epikur als Vordenker des evolutionären Humanismus
Er beschreibt Epikur als Ausgangspunkt einer Denkschule, die in den von Schmidt-Salomon geprägten Begriff des evolutionären Humanismus mündet. Ein Athener, der vor über zweitausend Jahren an den Kern der Dinge rührt: „Seine Lehre vom atomaren Aufbau, vom Aufstieg und Untergang der Arten, seine Theorie belebter Materie im Universum – wären Zeitreisen möglich, könnte er in der Vergangenheit gestrandet sein.“ Dem Christentum sei es zu „verdanken“, dass die Erkenntnisse dieses humanistischen Religionsskeptikers rund 1500 Jahre verschollen blieben.
Mit Nietzsche knüpfen die erwachenden Wissenschaften wieder an Epikur an: „Er hat das Christentum abgewickelt.“ Karl Popper, der nicht nur die Logik der Forschung beschreibt, sondern uns eine Darstellung der offenen Gesellschaft hinterlässt, sei aktueller denn je: „Das muss man heute immer wieder neu betonen, weil wir die offene Gesellschaft gegen die wiedererstarkten Feinde verteidigen müssen.“ Der Astronom und Astrophysiker Carl Sagan sucht als einer der ersten systematisch nach außerirdischen Existenzen, beschreibt die Folgen des Treibhauseffekts auf der Venus und warnt, dass ein solcher auch der Erde bevorstehen könnte.
Epigonen Epikurs
In der Influencer-Runde findet sich auch Biologe und Philosoph Julian Huxley, erster Generaldirektor der UNESCO, Bruder des weltberühmten Schriftstellers Aldous Huxley. Seine Prognose von 1950, wann 6 Milliarden Menschen auf der Erde leben würden, habe sich 1990 erfüllt. Kaum einer hat so klar formuliert, dass der Mensch ein Sonderprodukt der Evolution sei: „Das Geschick der Welt liegt in seinen ungeschickten Händen.“ Er habe den Begriff des Anthropozäns geprägt.
All diese Denker seien letztlich Epigonen Epikurs. Dessen Idee des Gesellschaftsvertrags, in dessen Zentrum das Streben nach Glück steht, habe Thomas Jefferson in die amerikanische Verfassung übernommen. Epikur habe den Religionen in allen zentralen Punkten widersprochen. „Er glaubte nicht an Götter, nicht an ein Leben nach dem Tod, nicht an eine herausragende Stellung der Erde im Kosmos.“ Für die katholische Kirche sei er der Inbegriff eines heidnischen Ketzers gewesen, wie Giordano Bruno, den man wie andere auf dem Scheiterhaufen verbrannt habe.
VerWegener Klimaforscher
Alfred Wegener, der als erster feststellt, dass die Erdoberfläche wie Eisschollen auf dem Meer treibt, habe das wissenschaftliche Establishment Fieberträume und ein überspanntes Gemüt unterstellt. Erst 40 Jahre nach seinem Tod 1930 im ewigen Eis Grönlands hatten wir auf der Grundlage seiner Forschung die traurige Gewissheit, dass das Eis nicht mehr ewig ist. Paradox: Ohne Klimaerwärmung würde die Erde allerdings auf eine Eiszeit zudriften.
Wegener gründete vor einem Jahrhundert bereits die Paläoklimatologie mit erstaunlicher Präzision. „Das allein sichert ihm eine Spitzenposition in der Forschung.“ Selbst seine tödliche Exkursion habe zu aufsehenerregenden Ergebnissen geführt: Das Eis Grönlands beinhaltet 40-mal so viel Wasser wie die Nord- und Ostsee zusammen. „Er warnte bereits 1930: Würde das Eis schmelzen, stiege das Weltmeer um 8 Meter.“
Neun weiße Männer mit Dame
Besonders interessant an dieser Werkschau: „Die Werke dieser glorreichen 10 ergänzen sich perfekt, geben Orientierungslinien für alle wichtigen Debatten.“ Manchmal helfe es eben zurückzuschauen, um mit Hilfe des gesammelten Wissens zu neuen Schlussfolgerungen zu kommen. So münden diese in das Abschlusskapitel „Menschen im Anthropozän“. Ein Kopf denke nie allein.
Dem Umstand, dass hier fast nur alte weiße Männer und nur eine Frau versammelt seien – was in Freimaurer-Kreisen wahrscheinlich weniger störe – und alle zehn aus dem westlichen Kulturkreis stammten, liege kein Kulturimperialismus zugrunde. Es sei schlicht Fakt, dass europäische Männer in dieser Zeit größere Chancen gehabt hätten, Werke von Bedeutung hervorzubringen.
Ein „gutes Anthropozän“
Im Abschlusskapitel behandelt Schmidt-Salomon die Rolle des Menschen im Anthropozän. Paul Crutzen, 1933-2021, ein niederländischer Chemiker, der den Nobelpreis für die Entdeckung von FCKW als Ursache für das Ozonloch bekam, tritt auf den Plan. Die Masse der von Menschen produzierten Waren übertreffe bereits die Biomasse. In dieser Technosphäre habe sich das Artensterben vertausendfach, die CO2-Konzentration sei exponentiell gestiegen. Crutzens Ziel sei nicht die vielfach angestrebte Klimaneutralität. Er fordere vielmehr ein „gutes Anthropozän“, in dem der Mensch seiner planetaren Verantwortung gerecht werde. Denn es gebe auch natürliche Bedrohungen. Wir lebten auf einem instabilen System. Der Ausbruch von Supervulkanen könne zum globalen Winter führen, es gebe Killerkometen, natürliche Klimaveränderungen durch Milanković-Zyklen, langperiodische Veränderungen der globalen Verteilung der auf der Erde eintreffenden Sonnenstrahlung über die jährliche Schwankungsbreite hinaus.
Klimawandel übertrifft Kaltzeit-Effekt
Eigentlich würden wir auf eine Kaltzeit zusteuern, ein Effekt, der allerdings durch den Treibhauseffekt mehr als neutralisiert werde. „Sollte es uns allerdings gelingen, die weltweite Emission in den Griff zu bekommen, müssten wir laut Crutzen künstliche Gase freisetzen, um eine neue Eiszeit zu verhindern.“ Auch diese Annahmen basierten auf Überlegungen Wegeners und Huxleys. Die Klimaneutralität sei zu kurz gedacht. Wir sollten vielmehr von Klimaeffektivität sprechen.
Nur der Mensch biete aus heutiger Sicht die Chance, eine dauerhafte Existenz auf dieser Erde zu garantieren. Aber der nächste Einschlag kommt bestimmt. Carl Jaspers nenne unsere Epoche eine Achsenzeit. „Contact“, ein Science-Fiction-Roman des amerikanischen Wissenschaftlers Carl Sagan aus dem Jahr 1985, behandele den Kontakt zwischen der Menschheit und einer technologisch fortschrittlicheren außerirdischen Lebensform. Als Wissenschaftler habe er die Wahrscheinlichkeit eines solchen Kontakts ermittelt, der durch die begrenzte Lebensdauer von Zivilisationen begrenzt sei – nicht nur durch Naturkatastrophen, auch durch Kriege.
Selbstzerstörungspotenzial der Menschheit
„Je höher der Technologietransfer, desto größer ist das Selbstzerstörungspotenzial.“ Dabei sei die Menschheit bereits erstaunlich oft vor ihrer Auslöschung gestanden. Die Gefahr sei durch die Internationale der Nationalisten und einem kriegstreiberischen Mix weiter gestiegen. In vielen Ländern gebe es neofeudale Strukturen. Eliten müssten nicht viel tun, um ihren Status zu erhalten. Wenn Menschen nicht als Individuen wahrgenommen würden, organisierten sie sich in Gruppen. Diese Denkungsart sei nicht zukunftsfähig. „Sollten wir scheitern“, postuliert Schmidt-Salomon, „dann, weil wir nicht brüderliche Einheit, sondern sich bekämpfende Interessengruppen haben – wir benötigen einen Humanismus, der die Abgrenzungen durch Begriffe wie Volk, Nation oder Religion überwindet.“ Es gebe nur eine Menschheit. Das Kernproblem der Gegenwart dabei: Die meisten Menschen hätten noch nicht einmal den Erkenntnis-Horizont von Epikur erreicht, geschweige denn den von Wegener oder Huxley.
Die Trotzphase überwinden
Das Paradoxon unserer Zeit: „Noch nie haben Menschen so viel gewusst und zugleich gibt es so viele Menschen, die nur ansatzweise wissen, was wir wissen.“ Wissen von Galaxien, die Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind. „Zugleich sind wir in Bonsai-Welten eingesperrt, in denen die eigene Religion ungeheuer groß erscheint.“ Solange das so bleibe, würden wir schwerlich vorankommen. „Wir stehen staunend vor der Entdeckung, dass sich die kosmische Evolution ihrer selbst bewusst geworden ist – das ist atemberaubend.“
Auch wenn uns das nicht zu den Herrschern der Erde mache: „Das sind die Mikroben, schon lange vor uns und noch lange nach uns.“ Aber es könnte uns befähigen, das Gleichgewicht zu bewahren, weil wir den evolutionären Prozess durchschauen. Deshalb wäre es schade, wenn wir vorzeitig abträten. Dazu müssten wir das Beste, was Menschen hervorgebracht haben, kultivieren – nicht den Plastikmüll, sondern die Philosophie. „Es wird Zeit, dass die Menschen ihre Trotzphase überwinden und erwachsen werden.“
„Freimaurerei verleiht Flügel“: Markenbildung zwischen Coca-Cola und Apple
Keine Atempause. Großredner Wolfgang Böhm führt als Moderator die Thesen weiter: „Wir haben erfahren, dass Epikur einer der ersten Freimaurer war.“ Moderates Lachen schwappt durch die Stuhlreihen, bevor er zu Br. Jan Rexhausen überleitet, werbekreativer Bruder aus Hamburg, der schon Marken wie BMW, Lufthansa und Sixt betreut hat. „Ich habe bisher meinen Beruf und meine Freimaurerei strikt voneinander getrennt. Aber Br. Florian Peters hat mich überzeugt, mein Mindset zu überdenken.“
Die Markenschau beginnt mit Coca-Cola: „Open Happiness – das war nie nur ein Slogan. Die Konsumenten wollten Emotion, sie wollten Glücksmomente.“ Er erläutert, wie Coke über Generationen ein Narrativ aufgebaut habe: vom Weihnachtsmann-Spot über unvergessliche Werbesongs. Dann wendet er sich Apple zu: „Think different. Steve Jobs wollte den Status Quo herausfordern – und jeder konnte sofort erkennen: Das ist nicht einfach nur ein Smartphone, das ist eine Lebenseinstellung.“
Persönlichkeitsentwicklung als USP
Br. Rexhausen stellt die Verbindung zur Freimaurerei her: „Wir haben ein starkes Logo, aber keine einheitliche Geschichte. Dabei erzählen Marken immer eine Geschichte.“ Bruderschaft als Marke, die Persönlichkeitsentwicklung zum USP erklärt. Ein Murmeln geht durch den Saal: Einerseits scheint die Pluralität der Brüderschaft, die Kombination aus Ritual, Symbolen und mystischem Pathos kaum zu vermarkten.
Andererseits liegt eine Erkenntnis in der Luft: Vielleicht ist dieser alte Bund bereit für eine neue Erzählung, die geschickt von Branding-Methoden profitiert. Am Ende seines Vortrags fordert Br. Jan Rexhausen: „Nehmt die Methoden der Markenbildung in Anspruch! Aber bleibt ihr selbst, bleibt echt.“
Zwischenbilanz: Die Ergebnisse der Mitgliederbefragung
Als Nächstes präsentieren die Brr. Alexander Trettin und Thomas Forwe die Auswertung der QC-Mitgliederbefragung – 2.300 Rückmeldungen von 9.300 Brüdern. Charts mit Säulen zeigen: Durchschnittsalter 57,9 Jahre; Eintrittsalter im Mittel 42,4 Jahre; 84 Prozent hören gerne anderen zu, doch nur 29 Prozent würden die Freimaurerei weiterempfehlen. Ein leises Murren geht durch die Reihen. 77 Prozent besuchen die Loge regelmäßig, aber eindeutige Kennziffern zu Überalterung und mangelnder Transparenz bei der Großloge klingen wie ein Weckruf.
Br. Trettin formuliert knapp: „Wir benötigen mehr Transparenz, mehr Demokratie in Entscheidungsprozessen.“ Frauen, Transmenschen, neue Rituale – all das seien Debatten, die wir nicht verschieben dürften. Herausforderungen wie Populismus und Verschwörungstheorien gehen nicht an der Bruderschaft vorbei. „Ängste vor Unterwanderung“ werden spürbar.
„Loge, erkenne dich selbst“
Der Appell von Br. Volkmar Göbel – zugeordneter Distriktsmeister Nord in Bayern – im Vortragstitel „Loge erkenne dich selbst!“ spiegelt sich in der Sitzordnung wider. „Was schaut ihr an?“, fragt Göbel und antwortet auch direkt: „Die anderen Brüder“. Digitalisierung, Transhumanismus, seien drängende „Fragen unserer Zeit“: „Kann man den Menschen durch technische Veränderungen verbessern?“ Aber auch gesellschaftspolitische Fragestellungen: „Inwieweit beeinflussen die rechtspopulistischen Strömungen unsere Aktivitäten? Junge Männer, die heute anklopften, seien ‚Digital natives‘ – sie sind mit dem Handy zur Welt gekommen.“ Die spannende Frage laute: „Wie gehen wir als Freimaurer damit um?“ Ein Leben in Transition ins Digitale: „Müssen wir das aktiv moderieren? Wir müssen es auf alle Fälle wahrnehmen.“ Eine weitere Aufgabe: die Verwaltungsstrukturen effizient machen. „Distriktsmeister Br. Thomas Adomat hat eine digitale Logenverwaltung eingeführt, Br. Sascha Ratzinger wird uns alles zeigen, was man mit der Logen-Software machen kann – im Livestream.“
Digitale Themenvermittlung
Eine zweite Initiative des bayerischen Distrikts: „Die digitale Themenvermittlung, immersive Lerntechnologien, welche die Bildungslandschaft komplett verändern – von der Schule bis zur Uni werden mit VR-Brillen virtuelle Welten simuliert, in die Lernende eintauchen können.“ Die Schnittstelle zur Freimaurerei: „Bei der Ausbildung zum Zeremonienmeister kann das einiges erleichtern.“ Oder man stelle sich einen Gästeabend vor: „Der Gast kommt, sieht durch die VR-Brille einen Rundgang durch Rosslyn Chapel.“ – „Den ‚Proof of Concept‘ werde ich mit Wolfgang Böhm vornehmen.“ Bei der Lernvermittlung könne eine interaktive Vorbereitung helfen. Man könne sich interaktive Fragen und Antworten in Echtzeit vorstellen und eine Diskussion der Lösungsvorschläge, Vorträge in Kurzform über Wordcloud. Die Grundbegriffe der Gruppendynamik: „Nüchtern und sachlich analysiert, sind die Beamten verantwortlich für das Ergebnis der Gruppe.“ Zum Schluss zeigt Br. Göbel einen KI-generierten Spot: „Erst anschauen, bevor wir urteilen.“ Der Abschlussstein: „Wenn die Freimaurerei weiter etwas bewirken will, muss sie Wachraum einer gelebten Brüderlichkeit sein.“
Ist das noch Freimaurerei?
Br. Bodo Dannhöfer, Distriktsredner Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, nimmt in seiner Keynote „Ist das noch Freimaurerei?“ die grassierende Vereinsmeierei aufs Korn. „Ein Schatten geht um – der Schatten der Vereinsmeierei kann so groß werden, dass die Logen Schlagseite bekommen.“ Sicher, er verdunkle nicht alle Bauhütten. „Ungewiss, wo und wann dieser Vampir das nächste Mal auftauchen wird.“ Mögliche Gegenmaßnahmen: „In meinen 15 Jahren bei der Freimaurerei habe ich zu viele blutleere Opfer gesehen.“
Die Brüder liebten ihre Logen, wollten sie pflegen durch innere Wandlung und geistige Entfaltung. „Das Gegenteil können wir beobachten, wenn das Licht der Loge durch die Profanität verdunkelt wird.“ Das äußere sich in Streit um Finanzen, um die ideale Verwaltungssoftware, den Streit um die Ausrichtung. „Dahinter stehen unbefriedigte Bedürfnisse, Nichtbeachtung, mangelnde Teilnahme.“ Um dies zu erreichen, grassiere mancherorten die Vereinsmeierei.
Platons Maxime: Keine Macht den Machtgierigen
Sie äußere sich in Strategien zur Prestigegewinnung, der Einforderung von Anerkennung, ein übersteigerter Wert von Befindlichkeiten, die unerträgliche Länge von Beamtensitzungen, das Drängen auf Aktionen. Dagegen helfe nur: „Statt Tina – there is no Alternative, besser Tamara: There Are Many And Real Alternatives.” In den Alten Pflichten sei die Vereinsmeierei unbekannt. Man besitze jedes Vorrecht auf den wahren Wert, auf den Inhalt, nicht aber auf das Ego. „Vereinsmeier sind erfolgreiche Marionettenspieler, die unter Selbstüberschätzung leiden“.
Vereinsmeier strebten nach Macht, wendeten miese Methoden an. „Machtgierige herrschen lieber in einem Verein, als in der Loge zu dienen.“ Hier müsse das Prinzip Platons greifen: „Nur die, die nicht nach Macht streben, sind geeignet, Macht auszuüben.“ Ämter müssten auf Inhalt statt auf Status ausgerichtet sein. Erwartungen und Regeln müssten gemeinsam festgelegt werden. Es gelte das Rotationsprinzip. „Selbst ist der Bruder, nicht sich parteiisch machen – die Formel für eine gesunde Loge: So wenig Verein wie nötig, so viel Freimaurerei wie möglich!“
Der neue Weg der humanitaet.online
Inwieweit können diese Ideen in das Konzept für die Humanitaet.online münden? Damit beschäftige ich mich als der neue Redakteur, Br. Jürgen Herda, als der ich nun als nächster Referent vor den etwa 180 Brüdern stehe. „Da komme ich also ex nihilo ad lucem und darf gleich zu Beginn die Einstellung der Printausgabe der Humanität verkünden.“ Als ausführendes Organ der Digitalisierung dürfte sich der Sympathievorschuss in Grenzen halten. „Zu meiner Verteidigung: Die meiste Zeit meines Lebens habe ich mit großer Überzeugung Print-Produkte fabriziert.“ Bei der ‚Mittelbayerischen Zeitung‘ in Regensburg, bei der ‚Prager Zeitung‘, bei der ‚Rundschau‘ für Ostbayern, bei der ‚Amberger Zeitung‘, beim ‚Neuen Tag‘ in Weiden, beim ‚OberpfalzECHO‘. Für ‚Marco Polo‘ – den Reiseführer Tschechien, für Kongressbände, für den Reiseführer ‚Goldene Straße‘: „Ich darf sagen, den schleichenden Tod der Printbranche habe ich nicht allein verbrochen. Ich habe mich dagegengestemmt. Wir haben die Auflagen lange stabil gehalten. Doch der demografische Wandel, der Siegeszug des Internets, die Dominanz der Smartphones – sie waren nicht zu bremsen.“
Vernetztes Wissen in aller Tiefe
Also habe ich vor rund 15 Jahren zunächst die Leitung der OnlineRedaktion bei Oberpfalz-Medien übernommen – inklusive der Gründung des Nachrichten- und Reiseportals Europe-online (EOL) zusammen mit Verleger German Vogelsang. Und vor vier Jahren die Chefredaktion von OberpfalzECHO.
Welchen Mehrwert können wir aus der Online-Version generieren?
Im Laufe der Wochen, Monate und Jahre entsteht so eine Entwicklungsgeschichte etwa zur Krise des Gesundheitssystems, seiner Mängel, der Interessenskonflikte, des politischen Reparaturbetriebs, der versuchten Einflussnahme von Interessengruppen.
- Vernetztes Wissen: Der einzelne Artikel steht nicht mehr isoliert, wir bauen Themenfelder, ein wachsendes Kompendium verknüpfter Fakten. Beispiel:
Im Laufe der Wochen, Monate und Jahre entsteht so eine Entwicklungsgeschichte etwa zur Krise des Gesundheitssystems, seiner Mängel, der Interessenskonflikte, des politischen Reparaturbetriebs, der versuchten Einflussnahme von Interessengruppen. - In aller Tiefe: Anstelle deskriptiver Wiedergabe des Tagesgeschehens, ein Werk im Prozess in aller Tiefe – wie der Tagesschau-Podcast 11KM, nur wesentlich umfassender.
- Perspektiven: Zur Tiefe gesellt sich der multimediale Perspektivenwechsel. Wir verlinken Videos, Podcasts, Dokumente. Wer möchte, kann hier wissenschaftlich recherchieren. Das tagesaktuelle Medium wird zum Archiv, zur Regionalbibliothek.
- Kollateralnutzen: Aus SEO-Sicht belohnt die Suchmaschine Content mit qualitativem Tiefgang. Nicht aus Idealismus, sondern aus Eigennutz: Google verdient an zufriedenen Nutzern. Je zielgenauer der Treffer, desto glücklicher der Suchende. „Wir werden deshalb bei allen für uns relevanten Themen hochgerankt, also unter den ersten fünf Suchergebnissen.“
Werk im Prozess statt Konzept vom Grünen Tisch
Eine erste Roadmap liegt als Konzept vom Grünen Tisch vor, aber ein Konzept ist nur so gut wie die Akzeptanz der Brüder für das neue, digitale Produkt. Deshalb folgt anstatt eines fertigen Designs eine Arbeit im Prozess, die Impulse aus vielen Gesprächen beim Großlogentag aufnimmt:
- Ältere Brüder wollen einen Ausdruck: „Wir werden eine praktikable Lösung für die Website finden, eine Print-on-Demand-Funktion zu integrieren, die dem jeweiligen Leseinteresse entgegenkommt.“
- Berücksichtigung der Mitgliederbefragung: Die ursprüngliche Idee, Anregungen für die Humanitaet.online über eine Mitgliederbefragung einzuholen, wurde zugunsten einer Berücksichtigung der Ergebnisse der eben abgeschlossenen Befragung verworfen.
- KI als Arbeitserleichterung: Die Redaktion der Humanitaet.online greift als Medium innovative Impulse wie ein KI-generiertes Coaching, das Professor Christian Zielke erklärte, und den KI-generierten Freimaurer-Spot, den Volkmar Göbel vorstellte, und wird beides zu einer Synthese mit Mehrwert fusionieren.
- Markenbildung und inhaltliche Vertiefung: Der Marketing-Ansatz von Jan Rexhausen, der plakativ den USP der Freimaurerei als Angebot an alle Sinnsuchenden herausarbeitet, wird durch die inhaltliche Vertiefung der Humanitaet.online ergänzt.
- Mehr Reichweite für aufklärerische Impulse: In seinem Impulsvortrag appellierte der Philosoph Michael Schmidt-Salomon auf der Grundlage des Denkens der zehn „Influencer“ von Epikur bis Sagan an die Freimaurer, sich für die Idee des evolutionären Humanismus einzusetzen. Ganz im Sinne unserer aufklärerischen Werte kann die Humanitaet.online einen Beitrag zur Wissensvermittlung leisten.
Reiseführer zur Humanität
In einer Phase, in der sich Menschen in Echokammern verkriechen und der Algorithmus der TechGiganten und Autokraten-Buddys oft stärker wirkt als der gesunde Menschenverstand, brauche es Stimmen der Vernunft. Fakten. Kontext. Haltung. Kurz: konstruktiven Journalismus. Die „Humanität online“ soll nicht nur berichten, sondern einordnen, erklären, verbinden. Sie soll das tun, was Medien können, wenn sie ernst genommen werden wollen. Vertrauen stiften. Orientierung geben. Meinungsaustausch ermöglichen. Den Dingen auf den Grund gehen. Lösungen denken, statt Probleme zu multiplizieren. „Wir wollen das Bild der Freimaurerei als Ort der Aufklärung, des Engagements, der Weltoffenheit zeigen – nicht nur für uns, sondern für die Gesellschaft.“ Keine Digitalisierung von oben – sondern gemeinsam: „Diesen Wandel will ich nicht allein gestalten – und auch nicht über eure Köpfe hinweg. Deshalb werde ich euch einladen“:
- Zu Wort zu kommen: In Interviews, Umfragen, Diskussionsformaten.
- Eure Gedanken zu teilen: Was wünscht ihr euch von der „Humanität Online“? Welche Themen sollen bleiben, welche fehlen euch?
- Mit mir auf Reisen zu gehen: „Im Format ,Redaktion vor Ort‘ besuche ich eure Städte, eure Logen, eure Lieblingsorte. Erzählt mir, wie ihr Freimaurerei lebt. Zeigt mir eure Perspektive.“
So entsteht ein Reiseführer zur Humanität, ein Mosaik der Logenlandschaft in Deutschland. Und auf dem Weg dahin zeichnen wir gemeinsam das neue Bild unseres Magazins. Der Bauplan für die neue Humanität.
Aus Erfahrung lernen, die Zukunft gestalten
Gegenüber dem Forum sollte strikte open-door-Policy herrschen, wenngleich der Geräuschpegel des Foyers es doch erfordert, die Türen zu den Themenräumen meist geschlossen zu halten. Dennoch wird zwischen den einzelnen Themen ‚gefloatet‘. Überthema: „Aus Erfahrung lernen – die Zukunft gestalten“. Teils werden die Keynotes vertieft, teils neue Aspekte aufgegriffen.
- Die Marke Freimaurer: Die Brüder Jan Rexhausen und Florian Peters vom Distrikt Hamburg.
- Digitale Logenverwaltung: Wie mit der Logen-App „Mehr Zeit für das Wesentliche“ bleiben soll, präsentieren ZDM Br. Volkmar Göbel und der Internetbeauftragte des Distrikts Bayern, Br. Sascha Ratzinger sowie Br. Jonathan (App-Entwickler aus dem Distrikt Niedersachsen-Sachsen-Anhalt).
- Seine Vision von der Zukunft der Freimaurerei entwickelt Br. Mario Möller-Zirkel (Distrikt Baden-Württemberg).
- Wie Öffentlichkeits- und Gästearbeit gelingen kann, wird anhand des Konzepts „Wismar“, des „Blue Night“-Konzepts Lübeck und der medienbegleiteten Preisverleihung „Humanität e.V.“ in Flensburg durch die Brr. Stefan und Dario, Lennart und Gert (Distrikt SchleswigHolstein/Mecklenburg-Vorpommern) gezeigt.
Festabend im Messesaal: Ein Tanz der Herzen
Am Abend des ersten Forumstages versammeln sich alle noch einmal – im großen Messesaal, wo heute festlich gedeckt ist: Runde Tafeln mit weißen Tischdecken, kristallene Gläser blitzend unter Kronleuchtern.
Auf dem Podium wartet geduldig das Mikrophon. Großmeister Stefan Kunnert betritt die Bühne: „Besonders herzlich möchte ich mich bei Herrn Ralph Steiner vom Arbeiter-Samariterbund bedanken“, sagt er, und kündigt die Überreichung eines Schecks für den Wünschewagen des ASB an – letzte Reisen am Lebensende, gelebte Nächstenliebe. MvSt. Thomas Holla übernimmt danach das Mikrofon, von der Last des Organisationsmarathons leicht gebückt, aber mit glänzenden Augen: „Wir hatten gestern einen wunderschönen Eröffnungsabend. Heute Abend haben wir nicht gekocht, aber die Welle, die gestern gestartet ist, setzt sich heute fort.“ Die Kette der Herzen bleibe, auch wenn sich die der Hände trenne.
Im Dienst der Schwesternschaft
Sr. Franka Dewies-Lahrs, Großmeisterin der Frauengroßloge, schildert in kurzen Zügen die lange Geschichte der Frauenloge: Gegründet 1949, fünfundsiebzig Jahre im Dienst der Schwesternschaft, und doch: „Immer mehr Schwestern kommen auf uns zu, weil sie selbst eine Frauenloge gründen wollen.“ Eine junge Frau hebt ihr Glas, zwei Herren lächeln anerkennend. Sr. Dewies-Lahrs entwirft das Bild einer wachsenden Gemeinschaft: „Wir lernen andere kennen – und was wir kennen, macht uns keine Angst.“
Zusammen mit Br. Thomas Holla überreicht GM Br. Stefan Kunnert schließlich die Spende der Großloge in Höhe von 10.000 EUR an Herrn Steiner vom ASB. Dieser erzählt von den Alltagswundern des Wünschewagens: von der Oma, die noch einmal die Enkel zur Erstkommunion begleitete, vom Jungen mit Leukämie, der Fußballkarten für Schalke 04 in Händen hielt. An 120 Standorten erfülle der ASB Wünsche, von denen jeder um die 1.000 Euro koste, aber unermesslichen Wert für die Menschen habe. „Morgen besuche ich unsere älteste Krankenschwester, 82 Jahre alt, und noch voller Engagement“, schließt er.
Was bleibt? Aufbruchsstimmung!
Später, auf dem Weg zum Buffet, auf den Treppen und anschließend an der Hotelbar hört man Brüder und Schwestern, die sich über die zwei Tage angeregt austauschen. Eine sagt: „Michael Schmidt-Salomon hat mir wieder gezeigt, warum ich Freimaurer bin – nicht, um mich selbst zu erhöhen, sondern um die Evolution des Denkens voranzutreiben.“ Der andere nickt: „Br. Rexhausen hat recht: Wir müssen unsere Geschichte erzählen, sonst tun es andere.“
Ein dritter meint: „Der Wünschewagen-Abend hat mir gezeigt, wofür wir lebendig sein müssen.“ Ein Vierter empfindet Vorfreude auf die Tempelarbeit am nächsten Tag. Was bleibt: Ein Gefühl des Aufbruchs. „So kann Freimaurerei auch in einer Zeit des Umbruchs, der Disruption, der gesellschaftlichen Erosion gelingen.“ Nur nicht entmutigen lassen von einem Zeitgeist, der lieber Sündenböcke sucht, die Schuld an Miseren bei anderen, statt zu fragen: „Was kann ich tun, um meine kleine Welt ein wenig besser zu machen.“







































