Eine Zeichnung von Manfred Alraun

Der Podcast für Brüder, Schwester und alle, die sich für Freimaurerei interessieren. Ausgewählte „Zeichnungen“ (Impulsvorträge) von Freimaurern.
Ein Spaziergang mit Manfred Alraun
Der Freimaurer-Spaziergang erscheint im Medienverbund der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland e.V.
Skript und weitere Informationen zur Folge auf
www.freimaurerei.de
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Was ist eigentlich Wohlstand und in welchem Wohlstand möchten wir leben?
Sicher erinnert Ihr Euch an die Werbung der Sparkasse, bei der sich zwei Freunde treffen und auf die Frage des Einen: „Wie geht es Dir?“ zieht der Zweite verschiedene Fotos aus seiner Tasche und legt sie auf den Tisch mit den Worten:
- Mein Auto
- Mein Haus
- Mein Boot
Natürlich möchten wir ohne finanzielle Sorgen und mit einem sicheren Einkommen leben, so dass wir in der Lage sind, unsere Wünsche zu erfüllen. Dieser Wohlstand erlaubt uns, unsere Bedürfnisse zu erfüllen und uns einen gewissen Luxus darüber hinaus zu leisten.
Entspricht dies den Zielen unserer Wohlstandsgesellschaft?
Nicht erst in unserer Zeit gibt es Wohlstandsgesellschaften. Bereits in der Frühgeschichte der Menschheit konnten Jäger und Sammler einen relativen Wohlstand erwerben. Systematisch geschah dies durch die Weiterentwicklung der Landwirtschaft, mit der damit verbunden Sesshaftigkeit. Die Arbeit der „Werktätigen“ wurde dann die Grundlage des Wohlstands der Industrie- und Informationsgesellschaft.
Bei diesem Thema sollten wir persönlichen Reichtum einzelner nicht mit dem Wohlstand aller verwechseln. Während der Wohlstand, nach dem wir streben, primär aus der eigenen Arbeit entsteht, speisen sich Reichtum und große Vermögen aus Kapitalerträgen und leistungslosem Einkommen, etwa durch Erbe oder Besitz.
Doch welchen Wohlstand betrachten wir? Den Wohlstand eines einzelnen Menschen oder den einer Gruppe oder eines Volkes?
Bei einer materialistisch ausgerichteten Sichtweise ist das Bruttoinlandsprodukt – das BIP – eine mögliche Kennzahl des Wohlstandes. Es gibt die Geldmenge, Waren und Dienstleistungen an, die eine Person in einem Jahr erwirtschaftet. Mit dem BIP lässt sich statistisch aber nur der materielle Wohlstand eines Landes beschreiben. Das Risiko ist groß, dass dieser Wert zur reinen Zahlenakrobatik mutiert und die Menschen außer Acht lässt.
Doch wir leben als Individuen auf dieser Welt. Unsere Bedürfnisse unterscheiden sich. Die Erfüllung dieser Bedürfnisse definiern den Wohlstand eines Menschen.
Bereits 1943 veröffentlichte der amerikanische Psychologe Abraham Maslow (1908–1970) ein sozialpsychologisches Modell, die Bedürfnispyramide. Ihre einzelnen Ebenen sind hierarchisch aufeinander aufgebaut. Als Basis sieht er die körperlichen Grundbedürfnisse wie Essen oder Sexualität, darauf aufbauend das Bedürfnis nach Sicherheit, danach die sozialen und individuellen Bedürfnisse. An der Spitze der Pyramide steht die Selbstverwirklichung des einzelnen Menschen.
Es gibt viel Kritik an diesem Modell, z.B. stellt es nicht die realen Bedürfnisse der Menschen dar, sondern ist eher ein Instrument für diejenigen, die sich um diese Menschen kümmern. Der systemische Ansatz beschreibt uns Menschen nur unzureichend. Dies zeigt sich z.B. daran, dass die hierarchische Struktur der Bedürfnispyramide häufig durchbrochen wird. Menschen sind aus innerem Antrieb bereit, die Ausübung ihrer Religion über das Stillen ihres Hungers zu stellen.
Doch bei aller berechtigten Kritik an Maslow, sensibilisiert uns das Modell für das Thema der Bedürfnisse. Wir alle können an uns selbst wahrnehmen, wie sich unsere Wünsche verändern.
Die Ökonomen Katharina Lima de Miranda, Kiel, und Dennis Snower, Berlin, (u.a. Berater von Angela Merkel), schlagen eine weitergehende Betrachtung vor. Sie definieren eine Matrix aus verschiedenen Kriterien.
Wie bereits dargestellt, ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) die beschreibende Dimension der wirtschaftlichen Leistung eines Landes. Ein weiteres Kriterium sollte aus Sicht der Wirtschaftsforscher die Gestaltungsmöglichkeiten der Menschen darstellen. In dieses fließt ein, wie viel Jahre Bildung die Menschen erhalten haben, wie stark sie von Arbeitslosigkeit bedroht sind, wie hoch die Lebenserwartung und wie groß ihr Vertrauen in ihre Regierung ist.
Wie sich gerade in unserer Zeit zeigt, hat die Blindheit in Bezug auf diesen Ansatz Konsequenzen. Hier möchte ich Dennis Sower, zitieren, er sagte: „Wenn in einer Gesellschaft viele Menschen ängstlich sind und einen Kontrollverlust über ihr Leben fürchten, dann wird die Gesellschaft anfällig für Populisten. Denn Populisten setzten genau da an und bestärken die Menschen darin, dass sie keine Stimme hätten, und von der Eliten nicht gehört und beachtet werden.“
Ist das nicht das Credo der Populisten unserer Tage?
Ein drittes Kriterium misst die Solidarität. Also: Wie hoch ist das Vertrauen und die Hilfsbereitschaft gegenüber Fremden? Können einzelne Menschen auf Familien und Freunde zurückgreifen, die sie im Notfall unterstützen würden?
Und nicht zuletzt spielen Umweltfragen eine große Rolle. Das vierte Kriterium, der „Environmental Performance Index“ beschreibt die Ökologie, die Nachhaltigkeit und damit den Zustand der Umwelt eines Landes.
Aus diesen vier Kriterien
– dem BIP,
– dem Chancen-Index (Agency-Index),
– dem Solidaritätsindex und
– dem Environmental Performance-Index
ergibt sich eine Übersicht über die Lebensqualität und den Wohlstand der Menschen in verschiedenen Ländern oder Regionen.
„Denn: Was wir messen, entscheidet darüber, was wir tun“.
Verlassen wir die profane Welt und versuchen, uns dem Begriff des Wohlstands im Sinne der fm. Welt zu nähern. Männer, die sich für die Freimaurerei interessieren sind von Finsternis umgeben und fühlen ein Verlangen das Licht zu sehen. Welcher Ebene der Maslowschen Pyramide würde dieser Satz wohl entsprechen?
Wir lernen Interessenten kennen und prüfen, ob sie freie Männer von gutem Ruf sind. Sie gelten als frei, wenn sie selbständig handeln und denken können, und die innere geistige Freiheit besitzen, nicht Dogmen und Leidenschaften unterworfen zu sein – ein Zitat aus dem Freimaurerischen Lexikon Lennhoff/Posner.
Wir suchen also Männer mit Wohlstand, der sich nicht allein auf die materielle Ebene bezieht, sondern auch auf Zeitwohlstand, innerer Freiheit, soziale Integrität und intellektuellen Fähigkeiten.
Tatsächlich prüfen wir, welche Bewertungsebenen erfüllt sind und welche nicht. Interessenten, deren Grundbedürfnisse abgedeckt und die sich mit ihrem persönlichen Wachstum, ihrer Selbstverwirklichung beschäftigen, geben uns Hoffnung, einen Br. in der Loge begrüßen zu dürfen, der in der Freimaurerei eine geistige Heimat finden kann.
Die Freimaurerei kann den Bruder bei seiner persönlichen Entwicklung unterstützen, aus einem guten Mann einen besseren Mann zu machen und somit einen Beitrag zu seinem geistigen Wohlstand leisten. Unsere Logen sind stabile Netzwerke, in denen Brüder zu Freunden werden können. Wir leben unsere Werte und kultivieren eine wohlwollende Grundeinstellung. Wir nennen Spiritualität und Lebenssinn beim Namen.
Ist das die Antwort auf die Frage: Welchen Wohlstand wollen wir? Ist das der Wohlstand, der sich aus der brüderlichen Gemeinschaft ergeben kann?
Es gibt so viele Antworten, wie es Brüder gibt. Jeder Bruder wird die seine finden.
Ich durfte auf der Versammlung der ehrwürdigen Meister vom Stuhl unseres Distriktes sprechen. Natürlich seid Ihr Brüder unter Brüdern – und doch sitzt Ihr im Osten. Ihr ordnet die Arbeiten an und leitet sie. Mit eurem Amt habt ihr Aufgaben übernommen, die die weitere Entwicklung eurer Logen maßgeblich beeinflussen.
Eure Achtsamkeit, eure Großzügigkeit und Beharrlichkeit gegenüber den Brüdern ist die Grundlage für die Harmonie in der Bruderschaft. Es ist an Euch, einen Rahmen zu gestalten und zu bewahren, der es jedem Bruder ermöglicht, in seiner persönlichen Entwicklung weiterzugehen und seinen geistigen Wohlstand zu mehren.
Erhaltet den Frieden in euren Logen, so kann es auch Frieden werden in den Herzen der Brüder. Denn: Ist nicht der Frieden unter den Menschen und mit den Brüdern ein hohes Gut? Ja, ist nicht der Frieden mit der Welt und mit uns Selbst – der größte Wohlstand, der uns zuteil werden kann und nach dem wir streben?
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Ein sehr interessanter und wahrlich wahrer Beitrag. Danke