Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Nachdenken einer freien Frau über Tradition und Zukunft der Freimaurerei

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Nachdenken einer freien Frau über Tradition und Zukunft der Freimaurerei

Von Antje Hansen, Großmeisterin der Frauengroßloge von Deutschland

Rede auf der 17. Weltkonferenz der regulären Freimaurer-Großlogen im November 2021 in Berlin

„Wir brauchen neuen Mut und neue Ideen, auf denen unsere Zukunft wieder aufgebaut werden kann.“ An diesen starken Gedanken aus der Einladung zu dieser Weltkonferenz möchte ich mit meinem Beitrag anknüpfen.

Ich bin Großmeisterin der Frauen-Großloge von Deutschland, einer Großloge für Freimaurerinnen, die im kommenden Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert. Unsere erste Loge entstand im Nachkriegsdeutschland 1949 in Berlin, unterstützt und ins Licht gebracht von Brüdern regulärer Großlogen. Diese Brüder hatten Mut und wir haben ihnen viel zu verdanken. Doch bitte ich Sie, mich hier nicht misszuverstehen. Ich erwähne die Brüder nicht, um uns Schwestern der Frauen-Großloge von Deutschland daraus eine Art von ererbter Berechtigung abzuleiten. Sondern tatsächlich, um ihrem Mut und ihrer Haltung Respekt zu zollen. Denn innerhalb ihrer eigenen Organisation kann ihr Handeln nicht unumstritten gewesen sein.

Eine kleine Anekdote: Sie haben sich damals gescheut, unseren Schwestern die Farbe Blau zu geben — andere Farben kamen ebenfalls nicht infrage, sodass die Freimaurerinnen schließlich ein tiefes Violett wählten. Diese Farbe tragen wir mit Stolz bis heute. Sie unterscheidet uns von allen anderen Frauen-Großlogen, mit denen wir in Kontakt sind, z. B. bei C.L.I.M.A.F., dem Centre de Liaison International de la Maçonnerie Féminine. Auch vieles andere, was wir als freimaurerisch definieren, gab es damals noch nicht in dem Berliner freimaurerischen Frauenzirkel. Denn „Loge“ konnten die Schwestern sich auch noch nicht nennen.

„Wir haben einen freien Blick, weil wir uns alles erarbeiten mussten.“

Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis Mitte der 1970er Jahre an Freimaurerei interessierte Frauen aus Westdeutschland den Kontakt zu der Berliner Freimaurerinnenloge knüpften. Über Jahre fuhren sie monatlich mit dem Auto von Düsseldorf und Wetzlar über die Zonengrenze nach Berlin, um die Freimaurerinnen und deren Arbeit kennenzulernen und schließlich aufgenommen zu werden. Was für ein außergewöhnliches Engagement diese Schwestern damals zeigten! Ich mache es kurz: 1982 konnten in Düsseldorf und Wetzlar zwei weitere Frauenlogen gegründet werden und die nunmehr drei Logen gründeten noch im selben Jahr unsere Großloge, die heute gut 600 Schwestern in 31 aktiven Logen repräsentiert, von Flensburg bis Konstanz und von Saarbrücken bis Dresden.

Wir haben einen freien Blick, weil wir uns alles erarbeiten mussten. Bis heute bemühen wir uns darum, diese Freiheit zu bewahren. Natürlich blicken wir beeindruckt auf die langen Traditionen anderer Freimaurer-Großlogen, auf den Reichtum an Schriften und Erfahrung zum Beispiel, aber der Mut, unseren eigenen Weg zu gehen und zu gestalten, wird immer wieder belohnt mit einer durch Teilhabe lebendigen Arbeit. In unserem Bund wird die Flamme weitergegeben.

Ein Beispiel: In den 2000er Jahren haben wir verschiedene Veränderungen in den Rahmen der Rituale für unsere Tempelarbeiten vorgenommen. Die wohlüberlegten Änderungen einer Expertinnengruppe fanden wenig Akzeptanz in den Logen, es fehlte der Vermittlungsschritt. In den Folgejahren haben wir eine Struktur der Mitwirkung geschaffen, die das Verständnis für und das Arbeiten an den Ritualen in den Logen verankert: Neben der Expertinnengruppe, dem Ritualkollegium, wurde eine Ritualkonferenz der Logen installiert. In diese Ritualkonferenz entsendet jede Loge eine Vertreterin, die sogenannte Ritualbeauftragte. Ihre Aufgabe ist, Fragen zur aktuellen Ritualpraxis mit in die Ritualkonferenz zu nehmen und dort diskutierte Punkte mit zurück in die Loge zu ihren Schwestern zu tragen. So entsteht ein fruchtbarer Austausch, der uns lebendig hält.

Die Freimaurerei hat einen Kern, der lange besteht, so unterschiedlich ihre Wurzeln auch sein mögen und so verschieden die Schwerpunkte in den heutigen Großlogen weltweit auch gesetzt und interpretiert werden. In der aktuellen Zeit, die durch die Pandemie an so vielen Stellen Disruptionen zeigt, ist es naheliegend, die Frage zu stellen: Wird die Freimaurerei auch noch in einigen Jahrhunderten bestehen? Wir können — oder sagen wir besser: wir müssen — heute an Entwürfen für diese Zukunft arbeiten.

Lassen Sie uns für einen weitergehenden Blick in verschiedene Ebenen der Freimaurerei blicken und sie einzeln einem Zukunfts-Check unterziehen:
Das Ziel
Die Methode
Das persönliche Erleben
Die Vernetzung mit bzw. Einbettung in die Gesellschaft

Zu 1: Das Ziel

Wir bauen am Tempel der Menschlichkeit, als dessen Symbol wir den salomonischen Tempel ansehen. Zugleich sind wir uns bewusst, dass dieser Tempel nie vollendet wird. Jedenfalls nicht von uns. Dieser Tempelbau ist zeitlos. Solange es Menschen gibt, die die Welt besser hinterlassen wollen, als sie sie vorgefunden haben, ist dieses Ziel aktuell und attraktiv. Mehr noch: Es bedient den Wunsch gerade jüngerer Generationen nach Sinn.

Zu 2: Die Methode

Die Arbeit mit Symbolen ist gleichermaßen zeitlos. Das Symbol selbst ist recht simpel, bildhaft und dadurch einprägsam. Das Symbol steht für sich und zugleich für eine Idee. Diese wiederum wird mündlich tradiert. Damit ist einerseits sichergestellt, dass die Erläuterung jeweils verstanden wird. Sie wird von einem Menschen der Zeit an einen anderen Menschen derselben Zeit weitergegeben. Zugleich ist so sichergestellt, dass die Bedeutung auch wirklich verstanden wird, denn nur, was ich verstanden habe, kann ich auch eigenständig formulieren und weitergeben an eine neue Schwester. Ich bin als Freimaurerin somit aufgefordert, zu lesen, zu diskutieren, kurz: zu arbeiten. Nur so kann es gelingen, die freimaurerischen Werkzeuge zu beherrschen. Diese zeitlose Arbeit wird unterstützt in und durch die rituellen freimaurerischen Tempelarbeiten. Diese Veranstaltung ist an sich bereits „unalltäglich“ und wird das auch in früheren Zeiten gewesen sein. Ich frage mich: Gab es eine Zeit, in der sie einen modernen Charakter hatte? Vielleicht wie heutzutage ein Design-Thinking-Workshop oder ein Barcamp? Wir wissen heute, dass die Freimaurerlogen zur Zeit der Aufklärung Orte des Wissensaustauschs und des Weiterdenkens waren, ganz am Puls der wissenschaftlichen Erkenntnis und attraktiv für die Geistesgrößen der Zeit. Das spricht durchaus für einen gewissen avantgardistischen Charakter.

Irgendwann sind die Ideale der Freimaurerei in Rituale gegossen und auch aufgeschrieben worden. Die Ritualisierung und Verschriftlichung geben eine feste Struktur, dadurch wird nichts vergessen, die Inhalte sind quasi festgeklopft. Das bedeutet gerade durch die Struktur auf der anderen Seite eine gewisse Starrheit und Unflexibilität. Die Konsequenz ist, dass womöglich eine geringere Auseinandersetzung mit den Traditionen und den Zielen stattfindet.

Wir betreiben heute in der Frauen-Großloge eine gezielte Ritualentwicklung. Das bedeutet, dass wir uns mit den Inhalten sehr detailliert auseinandersetzen, dass wir Expertinnen haben, die sich jahrelang in die Forschung und Geschichte einlesen und damit in der Lage sind, Fragen zu beantworten und Impulse für die Weiterentwicklung zu geben bzw. angemessen umzusetzen. Wir stellen sicher, dass wir weder leichtfertige Änderungen vornehmen noch versäumen, auf Bedeutungswandel zu reagieren. Wir fragen uns gezielt, welche Kompetenzen und welche Haltung soll denn ein Lehrling, eine Gesellin oder eine Meisterin erwerben und haben? Was soll gefördert und betont werden? Und setzen die Akzente in eben diese Richtung. Rituelles Handeln muss gemeinsam durchdacht, mit einem gemeinsamen Sinn und Ziel versehen und vom Einzelnen verinnerlicht werden. Dann ist es „eine lebendige Interaktion zwischen Menschen sowie zwischen Menschen und historisch gewachsenen Ideen“.
Das erscheint mir eine gute Voraussetzung für die Zukunft zu sein.

Zu 3: Das persönliche Erleben

Das persönliche Erleben der einzelnen Freimaurerin ist letztlich die Motivation zum Wiederkommen und Weiterarbeiten. Wir bearbeiten in drei Graden die drei grundlegenden Dimensionen der menschlichen Existenz. Es geht um die Auseinandersetzung mit sich selbst, um das Zusammenleben in der Gemeinschaft mit anderen und schließlich um den Blick über die eigene Person und Endlichkeit hinaus.

Gelingt es in der Loge, die drei Dimensionen zugleich und gleichwertig zu bearbeiten? Eine Fokussierung auf den ersten Grad, der Arbeit an sich selbst, ist eine Verkürzung und führt zu einem Ungleichgewicht. Das wiederum führt zu Defizitdiskussionen, einem Gefühl der Unvollständigkeit und macht letztlich unattraktiv. Dabei ist gerade der zweite Grad, das Miteinander in der Gemeinschaft, eine so große Aufgabe in unserer Zeit.

Zu 4: Die Vernetzung mit bzw. Einbettung in die Gesellschaft

Zu Beginn der modernen Freimaurerei zur Zeit der Aufklärung kam den Logen eine gesellschaftliche Funktion zu. Davon sind wir heute, zumindest in Deutschland, weit entfernt. Für uns Frauen spielte noch eine andere Komponente eine Rolle: In meiner Zeit als Gästin Mitte der 1990er Jahre war die Selbstermächtigung der Frauen noch ein großes Thema in der Loge: Das Einfordern von Gleichberechtigung, die Beanspruchung eines selbstbestimmten Platzes als Frau in der Welt, die Selbstverständlichkeit der Existenz einer Loge für Frauen! Nicht, dass heute selbstverständlich die Hälfte der Welt den Frauen gehörte, doch haben wir im Vergleich zu vor 25 Jahren heute schon ein anderes Niveau erreicht.

Wie steht es um die Einbettung der Freimaurerei in die Gesellschaft? Fakt ist: Die Freimaurerei ist heute in der deutschen Zivilgesellschaft kaum sichtbar. Die Gründe dafür sind letztlich bedeutungslos.
Es stellen sich schlicht zwei Fragen:
Kann ein Bund Zukunft haben ohne gesellschaftliche Relevanz?
Kann Freimaurerei heute gesellschaftliche Relevanz wiedererlangen?

Fahrer in der musealen Sackgasse oder Baumeister für die Zukunft?

Loge darf nicht (nur) als Rückzugsort und Raum der „Entschleunigung“ betrachtet werden. Diese Formulierungen sind kritisch. Empfindet der Freimaurer oder die Freimaurerin die Freimaurerei einmal als einen „notwendigen Anachronismus“, befindet er oder sie sich in einer musealen Sackgasse und nicht in der Position eines Baumeisters für die Zukunft. Im Stillstand ist eine klarere Sicht auf die Umwelt möglich als in voller Bewegung. Doch dauert der Stillstand an, wird er zur Erstarrung.

Die Freimaurerei ist wandelbar, wie die Menschen, die sie leben und ihre Ideale teilen. Es muss uns klar sein, dass wir sie heute verstehen aus dem Kontext unserer Zeit. Bei aller Wertschätzung für die Tradition ist die Freimaurerei nicht herauslösbar aus unserem heutigen Verständnis der Welt und des Miteinanders. Wir denken eben nicht wie in einer früheren Zeit.

Was sagt die Wissenschaft dazu? In der Debatte über methodisch-theoretische Fragen zu den ideologischen Landschaften des 17. und 18. Jahrhunderts hat sich die Cambridge School hervorgetan, besonders John G.A. Pocock und Quentin Skinner. Sie haben vor 50 Jahren Verfahren entwickelt, die die Betrachtung und Analyse politischer Ideen im eigentlichen historischen Sinne möglich machen sollten. Dazu werden die Wortbedeutungen in Texten rekonstruiert. Die Verfahren sollten auch dazu dienen, Historiker davor zu bewahren, Texten eine Bedeutung zu geben, die historisch inkorrekt ist, weil sie jenseits des sprachlichen Erfahrungshorizontes der Zeit lag.

Natürlich gibt es auch Kritik an diesem Vorgehen: Diese Form der Auseinandersetzung töte Ideen als Inspiration für heute.
Ein schönes Bild ist „Oyster and Pearl“ von John Patrick Diggins, der sich wiederum genau gegen den Kontextualisierungszwang wehrt und sagt, eine Idee spreche für sich selbst: „Tatsächlich könnte man sogar sagen, dass eine Idee in Bezug zu ihrem historischen Kontext wie eine Perle in Bezug zu ihrer Auster steht: Wir können das Juwel schätzen, ohne zu wissen, welche geheimnisvollen Naturkräfte es hervorgebracht hat; und eine Idee, wie eine Perle, verliert nicht unbedingt ihre Bedeutung, wenn sie ihren ursprünglichen Kontext hinter sich lässt.“

Betrachten wir die Freimaurerei als Perle in diesem Sinne, ist die Frage: Wie kann diese Perle heute ihren schönsten Glanz entfalten? In dem Bewusstsein, dass wir als Menschen unserer Zeit die freimaurerischen Werkzeuge an die Hand bekommen, was können wir damit bauen? Welche Entwürfe können wir zeichnen?

„Alte Konzepte funktionieren nicht mehr.“

Wir stehen heute so vielen Herausforderungen gegenüber, eine große ist die Frage des Klimas. Die Lösung erfordert globales Denken und globale Antworten. Alte Konzepte funktionieren nicht mehr.

„History repeats itself with a difference“, schrieb James Joyce in seinem Roman „Ulysses“. Wenn eine Gesellschaft sich vor einer beispiellosen Krise glaubt, dann lohnt der Blick in andere Kulturen und andere Zeiten, ob es nicht doch Vorbilder gibt, gute oder schlechte. „Lass uns träumen — von einer neuen Renaissance!“, schrieb kürzlich Tobias Hürter in „Zeit Wissen“: „Es wurde oft darüber gerätselt, warum in der Renaissance plötzlich so viele Genies auf so kleinem Raum in so kurzer Zeit versammelt waren. Die Künstler und Gelehrten waren damals wahrscheinlich nicht begabter als zu anderen Zeiten. Aber sie hatten eine Mission, eine klare Vorstellung davon, wofür sie arbeiten. Und ihre Förderer verstanden es. Im wiederbelebten Geist der Antike entstand ein neues Ideal des Menschen und der Welt, in der er leben soll: der Humanismus. Philosophen waren daran beteiligt, Künstler, Politiker, Baumeister und die frühen Naturwissenschaftler. Es gab ein gemeinsames großes Ziel. Solch eine Vision täte der Menschheit auch heute gut. Wer kein Ziel hat, erreicht nicht viel.“

Wenn wir uns als Teil eines Ganzen begreifen, was können wir als Freimaurer tun?

Wir haben eine Vision. Wir haben einen klaren Wertekanon. Und wir haben unsere freimaurerischen Werkzeuge — oder anders formuliert: Wir lernen in der Freimaurerei, Probleme zu bearbeiten und zu lösen. Und wir bringen verschiedene Menschen mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen in den Logen zusammen. Das sind hervorragende Voraussetzungen, um an Entwürfen zu arbeiten, die zu Lösungen für vielfältige Probleme führen können. Es gibt viele Felder, bei denen wir als Freimaurerinnen zur Lösung von Problemen der Gesellschaft etwas beitragen können, etwa Eintreten für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Menschlichkeit in Alltag und Gesellschaft, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Wir können unsere Diskursfähigkeit einsetzen gegen die teils unüberwindbar scheinende Spaltung in Für und Wider. Oder wir können die Digitalisierung kritisch begleiten, die uns in allen Lebensbereichen existentiell betrifft.

„Wir können es uns nicht leisten, auf andere Sichtweisen zu verzichten.“

Ich werbe nicht dafür, dass Logen oder Großlogen sich feste öffentliche Meinungen zu diesen Themen bilden sollten. Doch können Freimaurer einer Loge oder auch einzelne Mitglieder logenübergreifend zu ausgewählten Themen arbeiten. (Wir haben während der Corona-Pandemie und den Kontaktbeschränkungen doch große Kompetenzen in Videomeetings erworben!) Aktuelle Themen könnten beispielsweise auf Basis der freimaurerischen Werte diskutiert werden, einzelne Punkte können auf Basis dieser Werte kritisiert, Vorschläge oder alternative Konzepte erarbeitet werden. So kann die Pluralität und Meinungsfreiheit der Einzelnen kombiniert werden mit Thesen von Relevanz für unser gesellschaftliches Miteinander. Im Jahr 2022 kann jeder, der möchte, auch Sender von Informationen sein. Ein freimaurerischer Entwurf zu einem gesellschaftlichen Thema kann nicht nur als Leserbrief an eine Zeitung oder als Anschreiben an einen Politiker geschickt werden. Die Logen haben Webseiten, Twitter-, Facebook- und Instagramkanäle und kommunizieren in vielfältiger Weise mit Öffentlichkeit.

Wenn es gelänge, sich auf einem Feld mit einem Projekt konsequent und sichtbar zu engagieren, wäre das nicht nur ein Beitrag für das Gemeinwohl, sondern auch für die Relevanz der Freimaurerei in unserer aktuellen Gesellschaft und damit auch ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit unseres Bundes.

Und diejenigen von uns, die Kontakte zu Freimaurern in anderen Ländern und Erdteilen haben, haben zugleich die große Chance, von anderen Kulturen zu lernen. Vieles wird heute kritisch betrachtet, die Sorge vor Vorwürfen wie kultureller Aneignung oder Ausbeutung erstickt manchen Blick über den eigenen Horizont im Keim. Doch unser persönliches brüderliches oder schwesterliches Band kann diese Schwierigkeiten überwinden. Und letztlich können wir es uns nicht leisten, auf andere Sichtweisen zu verzichten. Die Menschen der Renaissance konnten von anderen lernen, dann können wir es heute ebenfalls.

„In der Freimaurerei dreht sich alles um Veränderungen.“

Ist das nicht alles zu politisch für uns als Freimaurer, könnte man nun fragen. Nein, im Gegenteil, es ist notwendiges Miteinander-Handeln zum Wohl des Gemeinwesens. So formuliert Hannah Arendt ihr Politikverständnis. Für sie ist der Mensch als Individuum apolitisch, Politik entsteht durch Pluralität, also das vielfältige Vorhandensein von Menschen, die Besprechung untereinander, Einigung durch Übereinstimmung und damit die Möglichkeit des Handelns.
Die Menschheit steht vor großen Aufgaben und Herausforderungen. Sie erfordert neue Konzepte, Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft.

Dreht sich nicht in der Freimaurerei alles um Veränderungen?

Freimaurer wollen sich selbst erkennen und verändern. Die Arbeit am rauen Stein bedeutet nichts anderes als Veränderung. Freimaurer wollen nicht „weg von etwas“, sondern „hin zu etwas“. Freimaurer erklären die eigene Veränderung zum Ziel, wir Freimaurer haben demnach nicht nur eine gewisse Veränderungslust, das Bemühen um Veränderung steckt vielmehr in unserer DNA!
Ich fasse zusammen:

Die Einladung zu dieser Konferenz ruft zu Konzepten für die Zukunft auf. Ich habe Ihnen als Impuls einen Entwurf vorgestellt. Er geht davon aus, dass die Freimaurerei einen zeitlosen Kern hat, den wir als Menschen unserer Zeit jeweils übersetzen und dann aktiv gestalten müssen. Das ist anstrengend. Aber es heißt ja auch freimaurerische ARBEIT. Diese Arbeit bewahrt uns vor dem Erstarren und die Freimaurerei letztlich vor der Bedeutungslosigkeit. Darüber hinaus bietet sich uns heute eine große Chance, mit unseren Werkzeugen an den Herausforderungen unserer Welt zu bauen. Grundfertigkeit des Freimaurers ist Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft. Wenn wir unsere Werkzeuge beherrschen, verfügen wir zudem über ein beachtliches Wissen zur Bearbeitung von Problemen, also einer großen Problemlösungskompetenz. Mit der Erkenntnis, dass genau diese Fertigkeiten für die Herausforderungen unserer Zeit benötigt werden, sollten wir uns hier engagieren und uns den Herausforderungen stellen. Wir können Entwürfe vorlegen, die unsere Gesellschaft voranbringen und zugleich die Relevanz für die Freimaurerei belegen.

Wir sind für alles, was wir tun, verantwortlich.

Dieser Beitrag stammt aus dem Heft 2-2022 der HUMANITÄT, dem deutschen Freimaurer-Magazin. Das Heft kann bei der Kanzlei abonniert werden.