Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Schauzeremoniell aus der Zeit der Illuminaten

Empfehlen

Schauzeremoniell aus der Zeit der Illuminaten

Von Martin

Bei der Beschäftigung mit ihrer Geschichte fiel den Mitgliedern der Loge „Zur edlen Aussicht“ in Freiburg auf, dass vier von den sieben Gründern der Bauhütte auch gleichzeitig im Illuminaten-Orden von Adam Weishaupt Mitglied waren.

Die Loge wurde am 22. Juni 1784 gegründet. Genau an diesem Tag erließ die bayerische Obrigkeit ein Edikt, mit dem der Illuminatenorden erstmals verboten wurde. War dies der Grund, die Freiburger Loge ins Leben zu rufen? Die genauen Umstände sind nicht bekannt und müssen weiter erforscht werden. Doch für die heutigen Brüder in Freiburg gaben die historischen Ereignisse im Dezember 2018 Anlass für die Aufführung eines Schauzeremoniells aus der alten Zeit.
Aus frei zugänglichen und digitalisierten Quellen lassen sich die Rituale der Illuminaten rekonstruieren. Exemplarisch gestalteten die Brüder eine Zusammenschau aus der Mitgliederwerbung und den ersten Graden des Ordens.

Das Freiburger Logenhaus, am Waldrand gelegen, war nur mit Kerzenschein beleuchtet. Die spielenden Brüder kleideten sich in zeitgenössische Kostüme und der Sekretär hatte die Einladung sprachlich so gestaltet, dass sie an ein Schriftstück aus dem 18. Jahrhundert erinnerte. Auf dem Weg zum Schlossberg, wo sich das Freiburger Logenhaus befindet, geht man an der Skulptur einer Eule vorbei, die alle Insignien der Illuminaten bei sich trägt. Die Eule gilt als Vogel der Weisheit und wurde von den Illuminaten deshalb in ihren Symbolkanon aufgenommen. Eva Eisenlohr, die Tochter eines Freimaurerbruders, hatte die Skulptur bereits vor der Nazi-Zeit geschaffen, in der sie als „entartete Künstlerin“ Berufsverbot erhielt.

Der erste Akt, die Werbung bzw. Akquise der Mitglieder, fand im Vorraum des umgestalteten Tempels statt. Der „Rezipiens“ – der Bürge – und der „Recipiendus“ – der Suchende – unterhielten sich bei Kerzenschein über den Wunsch einer Aufnahme. Noch ohne Kontakt zu weiteren Mitgliedern bekam der Suchende erste Aufgaben zugeteilt. Sehr bedeutungsvoll wurde er auf die „Unbekannten Oberen“ – den Meister vom Stuhl, der hinter einem Paravent verborgen war – hingewiesen. Der „Initiandus“ – der Aufzunehmende – hatte etliche Schwüre zu leisten, bevor er Zeichen und Passwort erhielt. Die Aufnahmehandlung führte der „Delegatus“ – der zugeordnete Stuhlmeister – und für den Suchenden sprechend der Bürge durch. Natürlich durfte auch der gezogene Degen des „Actuarius“ – des protokollierenden Sekretärs – nicht fehlen, der dem „Initiandus“ drohend entgegengerichtet war. Nach seiner Aufnahme durfte der neue Bruder auch dem ersten „Bauriss“ – der Zeichnung – folgen. Der Redner hatte die Aufgabe, drängende Themen unserer Zeit im Stil einer Zeichnung aus dem 18. Jahrhundert aufzulegen. Glücklicherweise ist die erste Logenrede des ersten Meisters vom Stuhl der Freiburger Loge, Br. J. G. Schlosser, erhalten. Sie wurde in einem Freimaurerjournal unter dem Titel „Über die Verschwiegenheit“ abgedruckt.

Richtig zur Sache ging es bei der Beförderung: „… sind Sie auch jemand, der sich an den gedeckten Tisch setzt, ohne etwas beigetragen zu haben …?“ Noch einmal kam die starke hierarchische Struktur des Ordens zur Geltung. Bedingungsloser Gehorsam war die unmissverständliche For­de­rung. Der „Censor“ – Zeremonienmeister – wurde nicht nur aufgefordert, jeden, der das Passwort nicht kannte zu binden und zu entfernen, sondern auch Zettel mit der Fragestellung „Was stört dich an deinem Bruder?“ einzusammeln. Er selbst hatte sich dem Meister vom Stuhl mit einer Antwort auf die Frage zu offenbaren: „Worin bin ich nicht perfekt?“ Immer schon war es die Aufgabe des Theaters, anzuregen und Missständen den Spiegel vorzuhalten. Genau dies wurde bei der Aufführung des Schauzeremoniells erreicht. Im folgenden brüderlichen Gespräch wurde nicht nur die Evolution des Rituales deutlich, von der sehr hierarchischen, angsteinflößenden Struktur damals bis zu unserem heutigen Verständnis von Ritualführung.

Der Beitrag entstammt der Zeitschrift “HUMANITÄT — Das Deutsche Freimaurermagazin”, Ausgabe 6-2018.