Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (AFuAMvD)

Vom Geld

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Jeder von uns hat damit tagtäglich zu tun. Und obwohl ein großer Teil des öffentlichen als auch unseres privaten Lebens, unserer Bestrebungen und oft auch unserer Sorgen davon geprägt werden, macht man sich über die Natur dieser Sache selten tiefere Gedanken. Sie ist einfach so selbstverständlich, dass man sie gar nicht mehr hinterfragt.

Die Sache, die ich meine, scheint sich für den einzelnen Menschen meist dadurch auszuzeichnen, dass es grundsätzlich zu wenig davon gibt. Doch für alle Menschen zusammen ist es auch schädlich, wenn es zu viel davon gibt. Ich rede vom Geld. Obwohl man darüber bekanntlich nicht spricht. Aber heute mache ich mal eine Ausnahme.

Doch was ist das eigentlich, dieses Geld? Das ist gar nicht so leicht zu beschreiben.

Bevor ich darauf komme, was Geld eigentlich ist, möchte ich zunächst fragen, wozu es da ist. Vielleicht bringt uns ja die Funktion des Geldes auf die Spur nach seinem eigentlichen Wesen. Geld und alles, was damit zusammenhängt, ist kein Produkt der Natur und unterliegt auch nicht den Naturgesetzen. Geld wächst nicht auf den Bäumen. Es ist eine rein menschenerdachte und menschengemachte Sache. Tiere brauchen kein Geld. Sie nehmen sich aus der Natur unmittelbar das, was sie zum Leben brauchen, jedes nach seinen Fähigkeiten und jedes nach seinen Bedürfnissen. Ein frühzeitlicher Mensch, der als Jäger und Sammler lebt, tut dies ebenso. Doch irgendwann ist der Mensch sesshaft geworden und hat begonnen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Damit gewann auch der Begriff des Eigentums an Bedeutung. Hat man vorher vielleicht nur sein Bärenfell und einen Jagdspeer besessen, so betrachtet man nun die Tierherde, das bewirtschaftete Stückchen Land und das, was darauf wächst, als sein Eigentum. Wenn ein Bauer sein Feld mit viel Arbeit bewirtschaftet, so möchte er natürlich nicht, dass irgendjemand anderes dieses Feld einfach aberntet. Tiere hingegen kennen kein Eigentum, und man kann sich auch fragen, wodurch jede Inbesitznahme von Land und Gegenständen durch den Menschen überhaupt legitimiert ist. Am Anfang hat alles erst einmal niemandem gehört, aber das ist eine andere, wenn auch sehr spannende Frage. Wir sehen also, dass der Eigentumsbegriff ganz viel mit dem zu tun hat, was wir heute als Geld bezeichnen: Ohne Eigentum bedürfte es auch keines Geldes.

Mit der Sesshaftigkeit hat sich die entstehende menschliche Gesellschaft von einer Gesellschaft der Selbstversorger zu einer mehr und mehr arbeitsteiligen Gesellschaft gewandelt. Der eine baut Lebensmittel an, ein anderer züchtet Tiere, andere wiederum betreiben ein Handwerk oder erbringen Dienstleistungen. Das bedeutet in Verbindung mit dem Eigentumsbegriff, dass der Tausch von Waren und Dienstleistungen zur Notwendigkeit wird. Ich baue Dir einen neuen Stall, dafür gibst Du mir ein Schwein und genügend Weizen, damit ich über den Winter komme. Das funktioniert aber nur in sehr engen Grenzen, denn je mehr unterschiedliche Waren und Dienstleistungen es gibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass derjenige, der das hat, was ich brauche, gerade das benötigt, was ich ihm anbieten kann. Demzufolge haben sich zunächst vielbenötigte Waren als eine Art neutrales Tauschmittel etabliert. Doch was muss eine Ware erfüllen, um als Tauschmittel zu taugen? Es darf natürlich nicht beliebig viel davon geben. Wäre z. B. Wasser ein Tauschmittel, so könnte ich mir an der Weser jederzeit wieder einen Eimer davon holen und mir davon beliebig viel Getreide kaufen. Sofern ich nicht in der Sahara lebe – dort könnte Wasser sehr wohl ein begehrtes und knappes Gut sein. Aber in unseren Breiten wäre kaum ein Bauer bereit, mir einen Sack Getreide für einen Eimer Wasser zu überlassen. Und damit kommen wir zum ersten Mal zu dem Thema, das ich in den Mittelpunkt meines Textes stellen möchte: Worin bemisst sich eigentlich der Wert einer Sache?

Eine unbegrenzt verfügbare Sache erscheint wertlos

Eine unbegrenzt verfügbare Sache wird also als wertlos betrachtet, aber warum? Nun, als Eigentümer einer Sache, z. B. als Produzent von Getreide, habe ich Arbeit, Energie und Lebenszeit in ein Produkt gesteckt. Dafür erwarte ich als Gegenleistung ein ähnliches Engagement von dem, der meine Ware erhält. Wenn man das im Rahmen einer sehr kleinen Gesellschaft betrachtet, wird dies auch klar: In einer kleinen Gemeinschaft muss jeder seinen Beitrag leisten, damit die Gemeinschaft als Ganzes überleben kann. Ich gebe mein Getreide nur an den, der auch etwas dafür getan hat. Genau das muss sich in dem Tauschmittel widerspiegeln.

Eine Sache, die es in beliebiger Menge gibt, wäre also ein schlechtes Tauschmittel. Es darf aber auch nicht zu wenig davon geben, schließlich müssen ja sehr viele Tauschgeschäfte abgewickelt werden können. Doch ein ideales Tauschmittel braucht noch weitere Eigenschaften. So darf es sich z. B. nicht um eine allzu schnell verderbliche Ware handeln, denn der Bedarf an einer anderen Sache entsteht nicht immer zeitnah zu der Verfügbarkeit einer anderen Sache. Also kommt neben der Funktion des Tausch- oder Zahlungsmittels auch die Funktion der Wertaufbewahrung hinzu. Darüber hinaus muss es auch gut teilbar oder stückelbar sein. Getreide kann ich in einer Granularität bis hin zum einzelnen Korn hin aufteilen, von einer lebenden Kuh hingegen kann ich nicht die gerade benötigte Teilmenge abschneiden.

Das hat letztlich dazu geführt, dass man andere Gegenstände als symbolische Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel verwendet hat, wie z. B. Muscheln oder andere sogenannte Primitivgelder, später dann Edelmetalle und daraus gepresste Münzen. Für all diese Formen des Geldes ist noch natürlicherweise gegeben, dass es sich um wertvolle Gegenstände in dem Sinne handelt, dass sie in begrenzter Menge verfügbar sind und ihr Erwerb bzw. ihre Schaffung mit einem gewissen Aufwand einhergeht. Doch die Abstraktion des Geldes weg von der eigentlich wertvollen Ware ging noch weiter. Als man den Umgang mit Geld immer mehr organisieren musste, entwickelten sich hierfür irgendwann Banken als eigener Gewerbezweig. Brachte man seine Münzen zur Bank, um sie dort aufbewahren zu lassen, so bekam man dafür eine Quittung – eine Banknote – die den Anspruch gegenüber der Bank auf eine gewisse Geldmenge dokumentiert. Und dann genügte es auch bald, nur noch die Banknoten untereinander auszutauschen, statt säckeweise Edelmetallmünzen hin- und her zu karren. Inzwischen braucht man dafür nicht einmal mehr Papier, die als sogenanntes Buchgeld aufgeschriebenen oder elektronisch gespeicherten Summen genügen hierfür völlig aus. Doch setzt dies nach wie vor voraus, dass die grundlegenden Eigenschaften des Geldes, insbesondere seine Knappheit, auch nach einer Entmaterialisierung noch gegeben sind.

Erinnern wir uns: Der Bauer gibt in seinem Dorf nur dem einen Sack Getreide, der selbst etwas für die Gemeinschaft getan hat und dies durch den Besitz des Zahlungsmittels dokumentieren kann. Das heißt, mit meiner Arbeit, mit meinen produzierten Gütern oder Dienstleistungen erwirtschafte ich selbst einen Anspruch gegenüber der Gemeinschaft auf eine Gegenleistung. Das ist ganz allgemein gesprochen die grundlegende Funktion jedes Geldes, egal in welcher Erscheinungsform es auftritt.

Doch ist dies zunächst nur eine qualitative Feststellung. Spannender wird es, wenn man nun überlegt, wie hoch denn der jeweilige Anspruch gegenüber der Gesellschaft eigentlich ist. Auch diese Frage ist völlig unabhängig von der materiellen oder immateriellen Erscheinungsform des Geldes. Wie vielen Säcken Kartoffeln entspricht ein Schwein? Wie viele Schweine kostet ein Haus? Wie vielen Arbeitsstunden eines Friseurs entspricht eine Stunde Arbeit im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst? Man vergleicht hier sprichwörtlich Äpfel mit Birnen. In einer Wirtschaft mit einer Million Gütern gibt es etwa 500 Milliarden relative Preise zwischen jeweils zwei Gütern.

Die Schwierigkeit aller Geld- und Wirtschaftstheorien liegt vor allem darin begründet, dass es keinen objektiven Maßstab für den Wert von Dingen gibt. Der eben erwähnte Eimer Wasser kann für einen Verdurstenden in der Sahara mehr wert sein als die Tonne Goldbarren, die er in seinem liegengebliebenen LKW transportiert. Wahrscheinlich würde er ihn gerne dagegen eintauschen. Unser Paradigma der Marktwirtschaft geht genau davon aus, dass keine zentrale Instanz je imstande sein könnte, die Abermilliarden relativer Preise zwischen ungezählten Gütern und Dienstleistungen objektiv und gerecht festzulegen. Wenn eine ehedem knappe Ware plötzlich im Überfluss vorhanden ist, so sinkt natürlicherweise der Preis dafür. Und Geld nimmt in diesem System selbst diese Eigenschaften einer Ware an. Druckt man zu viel Geld, ohne dass dem eine erwirtschaftete gesamtgesellschaftliche Leistung entgegensteht, so verliert das Geld selbst seinen Wert, man spricht von Inflation. Das ist im großen Maßstab nicht anders als bei dem oben erwähnten Beispiel, wo ein Bauer seinen Sack Getreide nicht gegen einen wertlosen Eimer Wasser eintauschen mag.

Tatsächlich ist es also so, dass keine Sache einen Wert an sich hat. Der Wert jeder Sache besteht immer nur darin, was ein anderer gerade bereit ist, mir dafür zu geben. Und nicht zuletzt, ob ich mit dem, was er mir geben will, auch gerade etwas anfangen kann. Man könnte meinen, dass zumindest der zweite Punkt durch Geld als neutrales Tauschmittel weggefallen ist, doch gibt es auch Beispiele aus der Geschichte, wo das existierende Geld nicht mehr erwünscht war und die Bauern ihre Kartoffeln lieber gegen Ami-Zigaretten getauscht haben.

An dieser Stelle möchte ich noch ein weiteres Beispiel bringen. Ich sprach zuvor von Geld als einem Anspruch gegenüber der Gesellschaft, den man durch Arbeit erbracht hat. Das Thema wird auch regelmäßig evident, wenn es z. B. um die Berechnung von Rentenansprüchen geht. Wenn ich in meinem Berufsleben Geld angespart habe oder in eine Rentenversicherung eingezahlt habe, so ist das nur der erste Schritt. Ich bin dennoch darauf angewiesen, dass dieser Anspruch auch zum richtigen Zeitpunkt von der Gesellschaft eingelöst wird, wenn ich selbst nicht mehr arbeiten kann. Irgendjemand muss mir ein Brot backen, ein Schnitzel braten, die Haare schneiden oder gar den Hintern abwischen. Doch leider gibt es hierfür keine Gewähr. Wenn niemand mehr mein Geld haben möchte oder wenn es sich drastisch entwertet hat, dann habe ich ein Problem, denn das Geld selbst kann ich nicht essen. Zumindest das Problem der Geldentwertung hat man bei unserem Rentensystem mit dem sogenannten Generationenvertrag vorgedacht. Dass dieses System auch nur bei einer anwachsenden Bevölkerung wirklich funktioniert, ist noch einmal ein anderes Thema.

Geld gegen Vertrauen

Damit möchte ich langsam zu meinem Fazit kommen. Ich betrachte Geld letztendlich als Symbol für ein gegenseitiges gesamtgesellschaftliches Vertrauen. Das Vertrauen darauf, dass mir jemand dann eine Ware gibt oder Dienstleistung erbringt, wenn ich sie gerade benötige, denn nur so kann eine arbeitsteilige Gesellschaft funktionieren. Das klappt aber nur dann, wenn jeder einzelne seinen Beitrag dazu leistet, es muss immer eine Balance zwischen Geben und Nehmen bestehen. Insofern ist Geld auch das Druckmittel, das in unserem existierenden System den einzelnen zwingt, seinen Beitrag zu leisten. Und alle Geld- und Wirtschaftspolitik ist in erster Linie Psychologie, die genau dieses Vertrauen dauerhaft aufrechterhalten soll.

Doch kann man sich natürlich fragen, ob dieses System tatsächlich die beste aller möglichen Welten darstellt. Wie ich eingangs erwähnte, sind all dies keine naturgesetzlichen Zusammenhänge, denn die meisten Lebewesen auf unserem Planeten kommen auch ohne Geld ganz gut zurecht. Aber diese arbeiten auch nicht im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst.

Doch wie könnte eine Welt ohne Geld aussehen? Wenn jeder von uns jeden Tag das tut, was er schon immer gemacht hat, was wäre dann anders? Ich gehe meiner Arbeit nach und nehme mir im Laden das, was ich brauche. Jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen, nur eben ohne Geld. Was dann aber auch bedeutet, dass es gar kein voneinander abgegrenztes Eigentum gäbe. Unser Geld- und Wirtschaftssystem geht grundsätzlich vom maximal negativen Fall aus: Jeder Mensch ist sowohl faul als auch gierig. Niemand würde mehr arbeiten, jeder würde sich alles nehmen, wodurch das gesamte System in Kürze zusammenbräche. Insofern wäre bei real existierenden Menschen das Geld als Motivationsmittel und zur Ressourcenallokation unverzichtbar.

Ich bin ein großer Fan der Science-Fiction-Serie Star Trek – Raumschiff Enterprise, die durch ihre humanistische Grundphilosophie auch für uns Freimaurer viele Denkansätze liefert. In dieser Utopie gibt es tatsächlich kein Geld mehr. Doch haben Käpt’n Kirk und Mr. Spock den unschätzbaren Vorteil, dass sie unbeschränkt Energie zur Verfügung haben und alles Mögliche in ihrem Replikator aus reiner Energie materialisieren können. In einer Welt unbeschränkter Ressourcen bedürfte es tatsächlich keines Geldes mehr. Die Frage ist vielmehr, wie sich der normale Mensch heutzutage in einer Welt beschränkter Ressourcen verhalten würde. Ein verwandter Denkansatz auf dem Weg dorthin ist das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen, das jedem ein Existenzminimum in Form von Geld zur Verfügung stellt, was de facto einen gegenleistungslosen Anspruch auf eine Teilmenge der Ressourcen darstellt. Dieser Anspruch wird auch dadurch gerechtfertigt, dass ein großer Teil der industriellen Produktivität heute gar nicht mehr durch menschliche Arbeit, sondern durch Automatisierung erbracht wird, was sich im Einkommen aber nicht widerspiegelt. Beim Grundeinkommen gibt es also ein bisschen was auch ohne Geld, das ist gewissermaßen ein erster Schritt in eine geldlose Welt. Daran kann man zunächst testen, wie solidarisch sich der Mensch in diesem Fall tatsächlich verhalten würde. Die Befürworter eines Grundeinkommens, zu denen ich auch gehöre, haben die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass der Mensch noch weitere Beweggründe zur Arbeit hat als nur die nackte Angst, irgendwie überleben zu müssen. Aber das wäre ein neues Thema.

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